Billig-Särge: Bestatter muss jahrelang in Haft
Heilbronn - Umgebettet in einen Billig-Sarg: Ein Bestatter hat das Vertrauen seiner Kunden ausgenutzt - und muss dafür hinter Gitter.
Bei der Trauerfeier nehmen Angehörige von einem geliebten Menschen Abschied. Was danach mit diesem passiert, wissen sie meistens nicht. Ein Bestatter aus Schwäbisch Hall nutzte das aus: Die Verstorbenen hat er vor der Feuerbestattung in Billig-Särge umgebettet, die teureren aber abgerechnet. Um Geld zu verdienen, betrog er Angehörige auch auf andere Weise. Dafür muss der Bestatter nun für drei Jahre und acht Monate hinter Gitter.
„Was offenbart wurde, war widerlich und abscheulich“, sagte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsverkündung vor dem Landgericht Heilbronn am Mittwoch. In 102 Einzelfällen habe der 33-Jährige seine Kunden betrogen - insgesamt sei ein Schaden von knapp 200 000 Euro entstanden. Doch viel höher sei der immaterielle Schaden: das Leid, das den Angehörigen zugefügt wurde. Die Gefühle und Trauer der Angehörigen seien „mit Füßen getreten worden“.
Vom 1000-Euro-Sarg in einen 100-Euro-Sarg: Vor Gericht gestand der Angeklagte nicht nur diesen Tausch. Er habe auch Grabplätze abgerechnet, die er gar nicht gekauft hatte, und die von Kunden angelegte Vorsorge für Bestattungen in das Firmenkonto statt in ein Treuhandkonto eingezahlt. „Ich wollte einfach den Betrieb retten“, sagte der Mann.
Die Bestattungsfirma, bei der er laut Gericht seit Januar 2010 alleinverantwortlicher Geschäftsführer war, habe in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt. Dies habe er nicht mehr stemmen können - kaufmännisch kenne er sich nicht aus. Aufgeflogen ist der Betrug laut Staatsanwalt durch die Anzeige eines ehemaligen Mitarbeiters.
Der Bundesverband Deutscher Bestatter sieht ein grundsätzliches Problem. „Jeder kann Bestatter werden“, sagte Präsident Christian Streidt. Per Gesetz gebe es zu wenig Kontrollen und Beschränkungen. Nicht einmal eine Befähigungsbescheinigung sei nötig, um den Beruf auszuüben. Er fordert: Bestatter sollten mindestens eine kaufmännische Grundkenntnis haben und den Umgang mit Verstorbenen sowie Grundlagen des Gesetzes erlernen. Denn: „Deutschlandweit gibt es immer wieder solche Fälle.“
dpa