den derzeitigen Umständen mit steigenden Fallzahlen in Deutschland dürfte die Vorsicht es gebieten, schnellstmöglich so viele Menschen wie möglich zu impfen“, sagte der Professor an der Universität Cambridge der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Außerdem seien mögliche Schäden durch die Verstärkung von Vorbehalten gegen den Impfstoff zu bedenken. „Das sind schwierige Entscheidungen in ungewöhnlichen Zeiten“, so Spiegelhalter.
Der Experte warnte in einem Gastbeitrag im „Guardian“ am Montag davor, kausale Zusammenhänge zu sehen, wo keine sind.
Die klinischen Studien, die zur Zulassung des AstraZeneca-Impfstoffs in Großbritannien führten, und die Erfahrungen aus dem Impfprogramm in dem Land mit rund zehn Millionen verabreichten Dosen des Präparats hätten gezeigt, dass das Vakzin „außerordentlich sicher“ sei.
Der BBC sagte Spiegelhalter zu den Impfstopps, die zuvor auch in Irland und anderen europäischen Ländern veranlasst wurden: „Wenn das eine Verzögerung in der Verabreichung der Impfstoffe an Menschen bedeutet, die andernfalls eine Impfung bekommen hätten, dann wird das Schaden anrichten.“
Update vom 15. März, 21.37 Uhr: Der AstraZeneca-Impfstoff löst seit Wochen unzählige Debatten aus. Experten, darunter auch Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (SPD), wiederholen gebetsmühlenartig, dass keinerlei Bedenken zu sehen seien. Trotzdem verkündete Gesundheitsminister Spahn (CDU) heute den vorläufigen Impfstop mit AstraZeneca.
Auch Markus Söder (CSU), bayerischer Ministerpräsident und möglicher Kanzlerkandidat der Union, hat sich jetzt dazu geäußert. „Es macht keinen Sinn mehr, endlos lange irgendwelche Impf-Reihenfolgen zu machen“, sagte der Regierungschef aus München an diesem Montagabend in einem ARD-Brennpunkt. Der Franke prophezeite einen guten Ausgang der Untersuchungen zum umstrittenen Impfstoff. Söder meinte weiter: „Ich kenn so viele Leute, die sich mit AstraZeneca impfen lassen würden. Auch ich würde mich sofort hinstellen.“ Zuletzt hatte es in Deutschland sieben Thrombose-Fälle mit zeitlichem Zusammenhang zu Impfungen mit AstraZeneca gegeben. Deswegen stehen etwaige Nebenwirkungen wieder auf dem Prüfstand.
Update vom 15. März, 19.45 Uhr: Es ist der nächste Corona-Paukenschlag in der Coronavirus-Pandemie: Deutschland setzt bis auf Weiteres Impfungen mit dem Wirkstoff des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca aus.
Und das hat freilich erhebliche Auswirkungen auf den Fortschritt der Impfkampagne in der Bundesrepublik - negative Folgen. Am frühen Montagabend stornierten Rheinland-Pfalz und Hessen als erste Bundesländer tausende geplante Corona-Impfungen mit AstraZeneca. Einzig in Rheinland-Pfalz ging es um 12.000 Impftermine.
Diese sollen verschoben werden. Bis mindestens 21. März wird nicht mehr mit AstraZeneca geimpft, ehe die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) Hinweisen zu möglichen gesundheitlichen Bedenken nachgegangen ist. Zuletzt hatte es Thrombosen in zeitlichem Zusammenhang mit AstraZeneca-Impfungen gegeben. Rheinland-Pfalz und Hessen reagieren also umgehend. Was macht Bayern?
Für das gesamte Bundesland ist das noch nicht klar. Die Landeshauptstadt hat aber bereits eine Ankündigung gemacht. Die Stadt München teilte mit, dass auch in der Bayerischen Landeshauptstadt sämtliche AstraZeneca-Impfungen angehalten werden. Betroffene erhalten demnach über BayIMCO bzw. über das Impftelefon eine Terminabsage. Weiter heißt es, dass bereits mit AstraZeneca Geimpfte, die auch vier Tage nach der Impfung noch über Unwohlsein klagen und punktförmige Hautblutungen hätten, sich laut Paul-Ehrlich-Institut unverzüglich in ärztliche Behandlung begeben sollten.
Erstmeldung vom 15. März: Berlin/München - Die Corona-Impfung mit AstraZeneca wird in Deutschland vorsorglich ausgesetzt, teilt das Bundesgesundheitsministerium mit.
Damit richtet sich das Spahn-Ministerium nach einer aktuellen Empfehlung des deutschen Bundesinstituts für Impfstoffe (Paul-Ehrlich-Institut).
Genaue Zusammenhänge müssen noch erforscht werden, doch Meldungen von Thrombose der Hirnvenen weisen eine zumindest zeitliche Korrelation mit den Impfungen in Deutschland auf. Das Institut hält weitere Untersuchungen deshalb für notwendig. „Ob und wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Zulassung des Impfstoffes auswirken“, werde dann die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) entscheiden.
Gesundheitsminister Jens Spahn gab umgehend ein öffentliches Statement zum Impfstopp an. Er hebt deutlich heraus, dass die Prüfung des Impfstoffs noch nichts über die tatsächlichen Zusammenhänge mit den Fällen aussagt. Dem Verdacht müsse aber nun eben nachgegangen werden. Sieben Personen waren nach der AstraZeneca-Impfung in Deutschland erkrankt.
Der AstraZeneca-Impfstoff war bislang ein zentraler Baustein in der Impf-Strategie der Bundesregierung und somit dem Kampf gegen die Pandemie. Das Präparat ist vergleichsweise einfach handzuhaben und könnte auch von Hausärzten verimpft werden. Die Hoffnung, dass die näheren Untersuchungen positiv ausfallen, ist dementsprechend hoch. Die AstraZeneca-Aussetzung ist keine endgültige Absetzung.
De facto hatte AstraZeneca schon vor der heutigen Meldung ein schwerwiegendes Image-Problem. Viele Menschen lehnten eine Impfung mit dem britischen Stoff ab. Tausende Impfdosen lagen in München tagelang ungenutzt herum. Das hatte aber in erster Linie organisatorische Gründe.
SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach ordnet die Entscheidung gegenüber Merkur.de* kritisch ein. „Das hätte ich nicht gemacht. Eine Prüfung bei laufenden Impfungen wäre angesichts der Seltenheit der auftretenden Fälle besser gewesen. Angesichts dessen, dass die Fälle bei Geimpften wie bei Nicht-Geimpften gleich hoch ist, hätte ich die Impfung weiterlaufen lassen“, merkt er an.
„Jetzt haben wir einen erheblichen Vertrauensverlust. Unsere Impf-Stragie fällt in sich zusammen, wenn der Impfstoff von AstraZeneca nicht weiter verwendet werden würde“, verweist auch er auf die Wichtigkeit, Hausärzten die Impfung ermöglichen zu können. „Wir setzen nur für kurze Zeit aus“, hofft er. Legt den Finger aber in die Wunde der EU und schließt: „Es zeigt sich nun immer stärker, dass es ein Fehler vonseiten der EU war, nicht mehr Kapazitäten für Moderna, Johnson und Johnson und Biontech zur Verfügung zu stellen. *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.