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Impfpflicht durch die Fahrertür? Führerscheinentzug für Impfverweigerer wäre „verfassungsmäßig“ unbedenklich

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Von: Andreas Knobloch

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Coronaviruis Impfen Führerschein
Impfen für das Gaspedal? © picture alliance/dpa | Ole Spata + picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Soeren Stache

Ungeimpfte sind faktisch der Pandemie-Treiber. Doch wie sinnvoll ist eine Impfpflicht? Und was ist rechtlich umsetzbar?

München - Die Intensivstationen sind am Limit. Corona-Patienten in Bayern werden schon in andere Teile des Landes verlegt, weil die Krankenhäuser aus allen Nähten platzen. Die vierte Welle der Pandemie ist eine große Herausforderung für alle in Deutschland. Besonders bezeichnend: die miserable Impfquote im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Faktisch belegt ist der hohe Anteil an Ungeimpften in den Krankenhäusern.

Nun sprechen sich die Politiker immer öfter für eine Impfpflicht aus. Nicht nur partiell in bestimmten Berufsgruppen, sondern allgemein. Die große Frage: ist das rechtlich überhaupt okay, eine Impfpflicht einzuführen? ntv unterhielt sich mit dem Juristen Joachim Wieland. „Eine Impfpflicht ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit derjenigen, die sich impfen lassen müssen, obwohl sie es nicht wollen. Das muss natürlich gerechtfertigt werden. Der Staat ist aber nicht nur für die Impfgegner verantwortlich, sondern für alle Menschen. Denen gegenüber hat er eine Schutzpflicht.“

Coronavirus-Impfpflicht: Führerscheinentzug? Bafög? Welche Möglichkeiten hat der Staat?

Deswegen müsse die Regierung abwägen, sagt der Verfassungsrechtler. „Darf ich in die Rechte derjenigen, die geimpft werden müssen, eingreifen? Die Schwere dieses Eingriffs wägt er ab mit seiner Schutzpflicht gegenüber der Gesamtheit. Im Ergebnis überwiegt meines Erachtens sehr deutlich die Pflicht gegenüber denjenigen, die sonst krank werden oder sogar sterben könnten“, so der Jurist.

Die Einschränkungen für Ungeimpfte sind jetzt schon zu spüren. Oft zählt nur 2G - genesen oder geimpft - plus Schnelltest, sogar in den öffentlichen Verkehrsmitteln oder Supermärkten ist mittlerweile 3G vorgesehen. Für Ungeimpfte bedeutet das: regelmäßiges Testen, was auf Dauer lästig wird. Was passiert, wenn sich die Leute weiterhin nicht impfen lassen, trotzdem eine Impfpflicht eingeführt wäre? „Es gibt gewisse Grundleistungen, die für das Überleben notwendig sind, die müssen auch Leute bekommen, die sich nicht impfen lassen. Der Staat hat da einige Möglichkeiten auf einer langsam ansteigenden Skala, auf der die Eingriffe härter werden. Er wird sinnvollerweise unten anfangen“, sagt Wieland bei ntv.

Coronavirus-Impfpflicht: Ungeimpfte könnten in einigen Bereichen noch mehr eingeschränkt werden

Auf die Nachfrage von ntv, was denn der obere Bereich einer Skala wäre, führt Wieland aus: „Der Staat könnte bei Bafög, Wohngeld und Ähnlichem ansetzen und die Auszahlung vom Impfstatus abhängig machen. Er könnte einem Impfverweigerer den Führerschein entziehen. Auch das ist eine Sanktionsmöglichkeit, die der Staat hat. Da ist nur die Frage, wie gut
das kontrolliert werden könnte.“ Für Wieland wäre der Führerscheinentzug „verfassungsmäßig“ unbedenklich im Vergleich zu einer Haftstrafe für Impfverweigerer.

„Eine Impfpflicht wäre ohne Weiteres vertretbar“, wenn der Staat zum Schluss käme, dass die Impfpflicht am besten hilft, heißt es in dem Interview weiter.

Ob und wie Weihnahchten beispielsweise im engsten Kreis gefeiert werden kann - egal, ob geimpfte oder ungeimpft - bleibt abzuwarten. Am 9. Dezember wird die nächste Ministerpräsidentenkonferenz einberufen. (ank)

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