Manche Staaten dagegen hätten die Kontaktnachverfolgung bereits sogar eingestellt, führt Wieler aus: „Es ist nicht befriedigend, wenn man es nicht schafft - der entscheidende Punkt sei aber, „dass wir nicht aufgeben dürfen. Sondern weiter machen nach bestem Wissen und Gewissen. Manche deutschen Gesundheitsämter kämen aktuell zwar „an ihre Grenzen“, trotzdem leisteten mit jeder Infektionskette, die sie rückverfolgen und eindämmen können, noch Wichtiges.
Update vom 22. Oktober, 10.12 Uhr: Was treibt die Pandemie? Das RKI schlussfolgert laut Wieler aktuell: „Das Virus verbreitet sich im privaten Umfeld, in der Familie Aber wie kommt es in einen Haushalt?“ Es gäbe einen klaren Zusammenhang mit privaten Feiern. „Das Risiko bei privaten Treffen mit mehr als zehn Personen ist besonders hoch“, sagt Wieler.
Update vom 22. Oktober, 10.08 Uhr: Es werden wieder mehr Covid-19-Patienten in Kliniken eingeliefert, informiert Wieler. Aktuell befänden sich 943 Sars-CoV-2 Infizierte in Deutschland auf der Intensivstation - „die Zahl hat sich in den vergangenen 14 Tagen verdoppelt“. Es versterben auch wieder mehr Infizierte. „Wir müssen davon ausgehen, dass die schweren Fälle zunehmen und es auch wieder mehr Tote gibt“, so Wieler.
Update vom 22. Oktober, 10.03 Uhr: RKI-Präsident Lothar Wieler bedankt sich zu Beginn der PK bei allen, die sich an die „AHA+L-Regeln“ gehalten und damit Infektionen verhindert haben - „aber es müssen noch mehr mitmachen“, appelliert Wieler. Das Infektionsgeschehen in Deutschland nehme „rasant“ zu, aber noch habe man eine Chance, es zu verlangsamen. Das Virus könne sich ohne Maßnahmen sogar „unkontrolliert“ ausbreiten, warnt er.
Update vom 22. Oktober, 9.59 Uhr: Angesichts des neuen Höchstwerts an Neuinfektionen gibt ab 10 Uhr eine Pressekonferenz in Berlin.
Update vom 22. Oktober, 8.20 Uhr: Die Zahl der Corona-Tests pro Woche schwankt seit Anfang September nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) zwischen 1,1 und 1,2 Millionen. Seit zwei Wochen steigt der Probenrückstau erneut an. Einige Labore wiesen auf Lieferschwierigkeiten für Arbeitsmaterialien hin. Die Positivrate ist von 0,75 auf 3,63 Prozent gestiegen.
Mit Blick auf die Fallzahlen will das RKI am Donnerstag in einem Presse-Briefing über die Lage der Corona-Pandemie in Deutschland informieren. Die RKI-Webseite ist momentan (8.20 Uhr) allerdings nicht erreichbar. Das RKI-Dashboard, auf dem das Infektionsgeschehen abzulesen, ist funktioniert.
Update vom 22. Oktober, 6.43 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bei einer Videokonferenz des CDU-Präsidiums Ende September nach Angaben aus Teilnehmerkreisen vor einem deutlichen Anstieg der Corona-Infektionen gewarnt. Es zu Weihnachten 19.200 Neuinfektionen pro Tag geben, wurde Merkel zitiert. Die Verbandschefin der Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst hält das Merkel-Szenario von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für realistisch.
„Als die Bundeskanzlerin vor einigen Wochen von 19.200 Neuinfektionen an einem Tag gesprochen hat, habe ich eine solche Entwicklung zunächst für unwahrscheinlich gehalten“, sagte die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstag). „Aber so wie die Dinge derzeit verlaufen, halte ich das inzwischen für eine realistische Einschätzung.“
Update vom 22. Oktober, 5 Uhr: Es sind erschreckende Zahlen, die das Robert-Koch-Institut (RKI) nun gemeldet hat. Nachdem am vergangenen Freitag (16. Oktober) mit rund 7830 Neuinfektionen ein neuer Höchstwert für Deutschland gemeldet worden war, spitzt sich die Lage nun weiter zu. Wie das RKI am Donnerstag erklärt, wurden in den vergangenen 24 Stunden 11.287 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet (Mittwochmorgen: 7595). Das entspricht der höchsten, jemals in Deutschland verzeichneten Zahl an Corona-Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden. 30 weitere Menschen starben binnen 24 Stunden (Mittwochmorgen: 39 Todesfälle).
Update vom 21. Oktober, 21.49 Uhr: Neue Angaben vom Robert-Koch-Institut. Die Reproduktionszahl lag in Deutschland laut Lagebericht vom Mittwoch bei 1,09 (Vortag: 1,25). Das bedeutet, dass zehn Infizierte knapp elf weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.
Wie außerdem aus den Angaben des RKI hervorgeht, steigt die Zahl der Corona-Hotspots weiterhin. 133 der 401 deutschen Stadt- und Landkreise überschreiten die Inzidenzmarke von 50 (Vortag: 129). Mit dem Landkreis Wittmund (Niedersachsen) gibt es momentan nur noch einen Kreis, wo es in den letzten sieben Tagen keinen Corona-Fall gab. Am prekärsten ist die Lage im Moment im Berchtesgadener Land.
Sieben-Tages-Inzidenz in Deutschland (Quelle: RKI-Lagebericht vom 21. Oktober)
LK Berchtesgadener Land: 262,4 Fälle pro 100.000 Einwohner
SK Delmenhorst: 205,0
SK Berlin-Neukölln: 187,8
SK Berlin-Mitte: 161,5
LK Sankt Wendel: 137,9
SK Solingen: 137,5
LK Bitburg-Prüm: 135,3
SK Herne: 133,6
LK Erzgebirgskreis: 131,7
LK Weiden in der Oberpfalz: 131,0
Erstmeldung vom 21. Oktober, 17 Uhr: Berlin - Nun ist also eingetreten, was Virologen befürchteten. Nachdem sich die Corona-Lage in Europa ab September kontinuierlich verschlimmerte, sah es in Deutschland noch relativ entspannt aus. Experten warnten allerdings schon damals*, die Bundesrepublik hinke in puncto Infektionsgeschehen schlicht ein paar Wochen hinterher. Nun, Mitte Oktober, ist klar, dass sich die mahnenden Worte als richtig erwiesen.
Am Mittwochmorgen meldete das Robert-Koch-Institut* 7.595 Neuinfektionen binnen 24 Stunden, was dem zweithöchsten Wert seit Ausbruch der Pandemie entspricht (am 17. Oktober gab es 7.830 neue Fälle). „Aktuell ist ein beschleunigter Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten“, schreibt das RKI dazu in seinem Lagebericht. Die Situation ist also ernst. Das wurde auch daran deutlich, dass ganz Deutschland am Mittwoch (21. Oktober) die kritische Marke von 50 Fälle pro 100.000 Einwohnern überschritt (51,3) und damit flächendeckend als Hotspot gilt.
Dabei liegt die sogenannte Inzidenz* gar nicht in allen Bundesländern über 50. Besonders schwer von der Pandemie betroffene Gebiete wie Berlin oder Bremen ziehen den Deutschlandschnitt jedoch nach oben.
Berlin: 84,3
Bremen: 76,3
Saarland: 66,9
Hessen: 64,5
Nordrhein-Westfalen: 62,2
Bayern: 50,9
Baden-Württemberg: 47,5
Hamburg: 40,2
Sachsen: 40,1
Rheinland-Pfalz: 39,2
Niedersachsen: 34,3
Brandenburg: 23,6
Thüringen: 22,6
Schleswig-Holstein: 19,0
Mecklenburg-Vorpommern: 17,0
Sachsen-Anhalt: 15,8
Interessant ist, dass der Osten des Landes weiterhin am wenigsten von Covid-19 betroffen ist. Die sogenannten „neuen Bundesländer“ befinden sich allesamt in der unteren Hälfte des Bundesdurchschnitts. Das war übrigens schon zu Beginn der Pandemie so, als der Osten sowohl in absoluten als auch relativen Zahlen besser da stand. Warum ist das so?
Einen einzelnen Grund für diese Entwicklung könne man nicht benennen, meinte Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen bereits im Mai gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Es kommen schon immer mehrere Aspekte zusammen.“
Das Virus könnte sich im Osten weniger schnell verbreitet haben, da die Menschen durchschnittlich älter und weniger mobil seien. Der Reiseverkehr im Osten ist nicht so sehr ausgelastet, die Bevölkerung sesshafter. Zudem ist Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg schlicht weniger stark besiedelt als Nordrhein-Westfalen oder das Saarland. Ältere Menschen hätten zwar oft einen schwereren Krankheitsverlauf, erklärt Zeeb. „Aber wenn das Virus eben gar nicht erst eingetragen wird, dann wirkt das halt auch protektiv für die, die möglicherweise später klinisch schwerer betroffen wären.“
Starkbierfest, Karneval, Ischgl - mit den Brandbeschleunigern der Pandemie hatte der Osten kaum etwas zu tun. Karneval etwa ist in der ehemaligen DDR viel weniger verbreitet als in Bayern, Hessen oder NRW. Mittlerweile weiß man auch, dass sehr wenige Ostdeutsche nach Österreich in den Winterurlaub reisten. Vielmehr war es der Rest der Bundesrepublik, der das Virus vom Corona-Hotspot ins Land zurückbrachte. Ischgl sei „schon aus finanziellen Gründen kein typisches Ziel von Ostdeutschen“, meinte Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping gegenüber der Zeit (Artikel hinter Bezahlschranke).
Warum die Zahlen auch jetzt vergleichsweise gering blieben, führt die SPD-Politikerin* indes auf Reiserückkehrer aus bestimmten Regionen zurück. „Die Zahlen gingen vor allem in Bundesländern mit vielen Rückkehrern aus der Türkei und dem Balkangebiet nach oben“, was durch Angaben vom Dresdner oder Leipziger Flughafen belegt werden würde. Im Westen waren Reiserückkehrer für einen Anstieg der Corona-Zahlen verantwortlich. Neben den klassischen Urlaubsländern wie Kroatien oder Spanien hatten damals auch viele Infektionen ihren Ursprung in Rumänien oder der Türkei. In Ostdeutschland gibt es nur wenige Menschen mit Migrationshintergrund in diesen Staaten.
Bislang ist der Osten mehr als ordentlich durch die Pandemie gekommen. Dass die Infektionszahlen im benachbarten Polen und Tschechien zuletzt rapide in die Höhe geschnellt waren, sollte allerdings Sorge bereiten. In Sachsen etwa gibt es insgesamt nur zwei Landkreise, in denen die Inzidenz über 50 liegt: Der Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (57,8) und der Erzgebirgskreis (mit 131,7 der einzige Ost-Kreis unter den 15 am schwersten von Corona betroffenen Gebieten Deutschlands). Beide Kreise grenzen an Tschechien, wo laut WHO derzeit eine besorgniserregende 14-Tages-Inzidenz von 972 erreicht wird. (Stand der Daten: 21. Oktober, 17.30 Uhr).
Zusammenfassend gibt es keine klare Ursache für die niedrigen Fallzahlen in Ostdeutschland, sondern mehrere Faktoren, die ineinander greifen. Die Bevölkerung scheint es insgesamt aber in der eigenen Hand zu haben, dass die Werte im Westen vorerst nicht erreicht werden. (as) *Merkur.de und ruhr24.de sind Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks