Erstmeldung vom 29. Juni 2021: Anteil der Delta-Variante steigt: EM mit Corona-Nachspiel? Minister schließt Lockdown nicht aus
München - Der positive Corona-Trend in Deutschland setzt sich fort. Schritt für Schritt kehrt die Normalität zurück. Am Dienstag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) eine Sieben-Tage-Inzidenz von 5,4. Am Vortag hatte die Inzidenz bei 5,6 gelegen. Gleichzeitig werden die warnenden Stimmen in Deutschland immer lauter. Ursache ist die Delta-Variante, deren Anteil in Deutschland zunimmt.
„Wir sind sehr besorgt“, so Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Angesichts der zunehmenden Ausbreitung der Delta-Variante Braun für intensivere Kontrollen von Reiserückkehrern aus Risikogebieten ausgesprochen. Auch für zusätzliche, „möglicherweise auch verbindliche Tests“, sei er offen. „Wir müssen Delta zurückdrängen“, betonte er. Des Weiteren appellierte an alle, die noch nicht vollständig gegen das Coronavirus geimpft wurden, sich zweimal pro Woche testen zu lassen. Das sei „absolut notwendig“, um die Virus-Mutation zurückzudrängen, und gelte „ganz besonders“ für Reiserückkehrer aus aller Welt, sagte Braun.
Der Kanzleramtsminister verteidigte die Regelung, dass Reiserückkehrer aus Virusvariantengebieten auch dann in Quarantäne müssen, wenn sie bereits über den vollen Impfschutz verfügen. Braun sagte im ZDF, bei einer neu auftretenden Mutante dauere es relativ lange, um sicherzugehen, dass die Impfstoffe wirken. Zudem müsse geklärt werden, ob Geimpfte das Virus weitergeben können. „Deshalb ist es bei Virusvarianten richtig, dass auch Geimpfte in Quarantäne gehen“, sagte Braun. Die Annahme, dass sich die Bundesregierung gegen verschärfte Regeln entschieden habe, sei ein „Riesenmissverständnis“. „Wir haben in keiner Weise gesagt, dass wir einfach keine schärferen Regeln wollen“, sagte der Kanzleramtschef.
Europaweit habe Deutschland mit der zweiwöchigen Quarantäne für Reiserückkehrer aus Virusvariantengebieten allerdings bereits die strengsten Regeln. „Unser Schwachpunkt ist, dass andere Länder in Europa die nicht auch haben“, sagte Braun.
Angaben von Braun zufolge sei davon auszugehen, dass sich der Anteil der Infektionen mit der Delta-Mutation inzwischen auf rund 50 Prozent weiterentwickelt habe. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn sieht die Variante in Deutschland auf dem Vormarsch. In zwei bis drei Wochen werde „fast jede Infektion in Deutschland eine Delta-Variante sein“, sagte er. In Großbritannien, wo am Dienstag das EM-Achtelfinale zwischen Deutschland und England stattfindet, ist die Mutation bereits vorherrschend.
Indes kann sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann angesichts der Delta-Variante und der Massenveranstaltungen rund um die Fußball-EM einen weiteren Lockdown durchaus vorstellen. „Das würde ich in keiner Weise ausschließen. Wenn die Welle dann kommt und wir in die Exponentialität kommen, haben wir ja keine anderen Möglichkeiten“, sagte er am Dienstag.
Er mache sich große Sorgen, dass sich die Delta-Variante weiter unaufhaltsam ausbreite. Hinsichtlich der feiernden Fußball-Fans in den EM-Stadien sei das seiner Ansicht nach möglich. „Wenn ich diese Bilder sehe, ist mir da ganz mulmig“, sagte Kretschmann. Die Maskenpflicht und ein Mindestabstand werden in vielen Stadien nicht eingehalten. Die entscheidende Frage sei, „ob wir dagegen animpfen können“, sagte Kretschmann. Einige Wissenschaftler hätten die vierte Welle vorausgesagt, „und sie hatten meistens recht“. In Israel stecken sich besonders Kinder und sogar Geimpfte mit der Delta-Variante an. (dpa/mbr)