Gardasee-Geheimtunnel rettet Italien-Großstadt vor Hochwasser

In Italien machen Unwetter Sorgen. Zuletzt droht Verona ein Hochwasser. Doch ein Tunnel zum Gardasee hilft. Nicht ohne Folgen für den Oberitalienischen See.
Riva del Garda - Immer wieder suchen Unwetter Italien heim. Kürzlich kämpfte die Toskana mit erheblichen Überschwemmungen. In einem italienischen Badeort unweit von Rom sorgte ein Tornado für Schäden und eine Sturmflut auf den Stränden. Und noch ein Beispiel: Mitte August fegten ein Erdrutsch und eine Schlammlawine durch die italienische Berggemeinde Bardonecchia im nördlichen Piemont.
Etsch-Gardasee-Tunnel: Zum Schutz vor Hochwasser im italienischen Venetien
Waldbrände wegen Hitze oder Geröllabgänge wegen Starkregen – auch der Gardasee bleibt vom Extremwetter nicht verschont. Gleichwohl gilt der riesige Oberitalienische See als großes Wasserreservoir. Aus diesem Grund stellten die Italiener 1959 den sogenannten „Etsch-Gardasee-Tunnel“ fertig. Der Hintergedanke: Der Gardasee soll als Staubecken dienen, wenn der Fluss Etsch zu viel Wasser führt.
Genau das war Ende Oktober der Fall. Wie das Nachrichtenportal Südtirol News berichtet, drohte damals der norditalienischen Großstadt Verona mit ihren rund 260.000 Einwohnern (Region Venetien) ein Hochwasser. Deshalb aktivierten die Behörden den in Deutschland kaum bekannten Tunnel, um Wasser in den Gardasee abzulassen. Damit das Wasser nicht über das Ufer der Etsch tritt, die auch Verona durchfließt.
Damals war die Etsch nach anhaltendem Dauerregen im Trentino und in Südtirol stark angeschwollen. Sie ist mit 415 Kilometern Länge der zweitlängste Fluss Italiens. Die Etsch entspringt in den Südtiroler Bergen, durchfließt das Etschtal (Italienisch: Valle dell‘Adige) und die Norditalienische Tiefebene in Oberitalien. Schließlich mündet sie südlich der Laguna Veneta in die Adria.
Etsch-Gardasee-Tunnel: Trentino-Behörden leiten Hochwasser durch den Monte Baldo ab
Am 31. Oktober entschieden die Behörden im Trentino, den Etsch-Gardasee-Tunnel wieder in Betrieb zu nehmen. Dies sei letztmals am 29. Oktober 2018 der Fall gewesen (siehe Tweet unten), schreiben die Südtirol News. Der Einlass des Tunnels ist beim Dorf Mori, das direkt an der viel befahrenen Brennerautobahn liegt. Die Etsch verläuft dort parallel zum Brennero, wie die bekannte Urlaubsroute in Italien heißt.
Über zehn Kilometer Länge gelangt das Wasser durch den Tunnel unter dem Berg Monte Baldo hindurch in das nördliche Becken des Gardasees. Dieser ist mit einer Fläche von 370 Quadratkilometern und einem Volumen von 49,3 Kubikkilometern der größte See des Mittelmeerlandes.
Etsch-Gardasee-Tunnel: Wasser-Auslass befindet sich bei Riva del Garda
Der Auslass des Tunnels liegt ungefähr einen Kilometer südlich von Torbole am Nordufer. Der Tunnel endet damit unweit der Kleinstadt Riva del Garda, die Ziel vieler Urlauber aus Bayern und Baden-Württemberg ist.
Die Behörden öffnen den Tunnel indes nur bei außerordentlicher Hochwassergefahr. Denn: Das Verfahren ist zwar effektiv. Aber: Es birgt auch ökologische Risiken für den Gardasee. Schließlich ist das Wasser der Etsch deutlich kälter. In Südtirol hat die Etsch laut Website der autonomen Provinz Bozen stellenweise nur fünf bis sieben Grad.
Etsch-Gardasee-Tunnel | |
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Baubeginn: | 1. März 1939 |
fertiggestellt: | 18. Mai 1959 |
Einlass: | bei Mori |
Auslass: | bei Torbole in den Gardasee |
Länge: | 9873 Meter |
mittlerer Durchmesser: | acht Meter |
Aus der italienischen Etsch: Kaltes Wasser fließt im Norden in den Gardasee
Die Jahresdurchschnittstemperatur des Gardasee-Wassers beträgt dagegen 15 Grad. Im Sommer kann sich das Wasser auf bis zu 20 Grad erhitzen. Und daran haben sich die Fische gewöhnt, die im Gardasee heimisch sind. Generell gilt: Fällt die Wassertemperatur unterhalb des optimalen Bereichs kann dies bei Fischen zu Stress, Schädigung oder sogar Tod führen, schreibt etwa das Angler-Fachmagazin Fisch & Fang.
Zudem enthält das Wasser, das in den Gardasee gelassen wird, Sedimente. Also kleine Gesteinsrückstände aus dem Flussbett der Etsch und aus den Bergen, die diese durchfließt. Das erklärt die dunkle, braune Farbe des Wassers, das den Gardasee bei Torbole erreicht. Auch das ist nicht gut für den See: Laut einer Studie des „Niederösterreichischen Landesfischereiverbands“ bedeuten erhöhte Schwebstoffkonzentrationen kurzzeitig natürliche Stresssituationen für Fische. (pm)