Lauterbach spricht über Tod und Krankheit von Tina Turner: „Sie hat danach den Fehler bereut“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach dankt der Rock-Legende Tina Turner auf Twitter für ihre Musik und erinnert an den Kampf der Sängerin gegen Homöopathie.
Berlin - Tina Turner war mit 200 Millionen verkauften Platten eine der erfolgreichsten Sängerinnen weltweit – am Mittwoch (24. Mai) starb die Rock-Legende nach langer Krankheit eines natürlichen Todes. Jahrelang hatte Turner gegen Darmkrebs und Nierenversagen gekämpft.
Vor ihrem Tod setzte sie sich gegen Homöopathie ein, auf deren vermeintliche Wirksamkeit sie selbst in der Vergangenheit hereingefallen war. Der Glaube an die falsche Behandlung habe ihre Nieren zerstört. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) griff das Thema am Donnerstag in einem Tweet auf.
Karl Lauterbach über Tina Turners Warnung vor Homöopathie: „Hat den Fehler bereut“
Bundesgesundheitsminister Lauterbach bedankte sich am Mittwoch bei Tina Turner auf Twitter „für die schönen Stunden, insbesondere auf Partys, aber auch langen Autofahrten in den frühen 80er Jahren.“ Lebensfreude sei ansteckend, so der Minister weiter, „sie war der Beweis“. Der Mediziner nahm den Tod der Rock-Legende auch zum Anlass, um an ihren Kampf gegen die Homöopathie zu erinnern.
„Beeindruckende Beschreibung von Tina Turner, wie Homöopathie ihre Niere zerstört hat“, schrieb Lauterbach und nahm damit Bezug auf eine Schilderung der Sängerin über die Gründe für ihr Nierenversagen, die auf dem Info-Portal Show your kidneys love veröffentlicht wurde. „Die Dialyse kam, weil sie dachte, der Bluthochdruck könnte mit Homöopathie behandelt werden“, fasste Lauterbach die Warnung Turners zusammen. „Schlaganfall und Dialyse folgten. Sie hat danach den Fehler bereut und gewarnt.“
Tina Turner warnte vor Homöopathie: „Kampf um Heilung ist Kampf um genaue Informationen“
Tina Turners Mann Erwin spendete ihr im Jahr 2017 eine Niere, um ihr Leben zu retten. „Der Kampf um Heilung ist immer auch ein Kampf um genaue Informationen“, warnte Turner vor ihrem Tod in ihrem Beitrag auf Show your kidneys love. „Meine Nieren sind ein Opfer davon, dass ich leugnete, dass mein Bluthochdruck eine Behandlung mit Schulmedizin braucht“, so die Sängerin über ihre Entscheidung für eine Behandlung mit homöopathischen Methoden. Sie habe sich einer großen Gefahr ausgesetzt, weil sie sich weigerte, die Realität zu akzeptieren. Sie habe nicht wahrhaben wollen, dass sie für den Rest ihres Lebens täglich Medikamente benötigen würde.
Über Homöopathie: „Keine Wirkung, der über Placeboeffekt hinausgeht“
Es gibt verschiedene Gründe, weshalb Menschen an Homöopathie glauben. Viele alternative Behandlungen nehmen sich viel Zeit für die Patienten und verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, der auch das seelische und emotionale Wohlbefinden mit einschließt. Ebenso können Zweifel an der Schulmedizin ein Grund für Entscheidung für eine vermeintlich „natürliche“ Behandlung sein. Wissenschaftlich erwiesen ist Homöopathie jedoch nicht. Nach Angaben der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) wurde die Wirksamkeit von Homöopathie in vielen wissenschaftlichen Studien untersucht. „Das übereinstimmende Ergebnis ist, dass Homöopathie keine Wirkung hat, die über einen Placeboeffekt hinausgeht“, heißt es auf der Website der Organisation. Wirkstoffe werden so sehr verdünnt, dass keine Moleküle mehr nachweisbar sind, sie sollen über „das Gedächtnis des Wassers“ aber dennoch wirken. Kritiker fordern seit langem, die Einstufung von Globuli als „Arzneimittel“ in Deutschland abzuschaffen.
Schon im Jahr 1978 habe Turner die Diagnose Bluthochdruck bekommen, sich aber keine großen Gedanken darüber gemacht, schrieb die Sängerin auf dem Info-Portal weiter. „Nachdem ich 2009 aufgrund meines schlecht kontrollierten Bluthochdrucks einen Schlaganfall erlitten hatte, hatte ich Mühe, wieder auf die Beine zu kommen“, schildert Turner ihre Krankheitsgeschichte. Zu diesem Zeitpunkt habe sie zum ersten Mal erfahren, dass ihre Nieren 35 Prozent ihrer Funktion eingebüßt hatten.
Sie habe eine „fatale Abneigung“ gegen die Pillen entwickelt, die sie täglich einnehmen musste, um ihren Bluthochdruck zu kontrollieren. Ein Freund habe ihr damals eine alternative Behandlung empfohlen, ihre konventionellen Medikamente habe sie deshalb durch homöopathische Mittel ersetzt – ohne ihren Arzt darüber zu informieren. Bei der nächsten Routineuntersuchung hatten sich ihre Nierenwerte enorm verschlechtert. Die Sängerin befand sich in Lebensgefahr.

Tina Turner schilderte den Beginn der Dialyse und bezeichnete Nierenversagen als „stiller Killer“
„Dank meiner Naivität war ich an dem Punkt angelangt, an dem es um Leben und Tod ging“, gab die Sängerin zu. „Wenn ich gewusst hätte, welches Risiko ich eingehe, hätte ich mich niemals für alternative Medizin entschieden.“ Die Folgen waren irreversibel. Um zu überleben, habe sie dann mit der Dialyse beginnen müssen. „Es war meine einzige Option, aber es war deprimierend, stundenlang an eine Maschine angeschlossen zu sein“, so Turner über ihre damalige Lebenssituation.
Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass chronisches Nierenversagen als „stiller Killer“ bezeichnet werde, weil sich die Symptome erst bemerkbar machen, wenn 80 Prozent des Nierengewebes zerstört seien, sagte Turner über ihre damalige Unwissenheit und betonte, wie wichtig die Schulmedizin sei: „Ich bin auf mehrere Rezepte angewiesen und achte sehr darauf, die Anweisungen meiner Ärzte genauestens zu befolgen. Denn ich weiß, dass ich ihnen und ihren Therapien vertrauen kann.“
Im Jahr 2017 hatte Turner eine Nierentransplantation ihres Mannes erhalten, durch die ihr Leben gerettet wurde. Zu ihrem 80. Geburtstag im November 2019 wandte sich die Sängerin mit einem kurzen Video an ihre Fans. „Ich sehe großartig aus, ich fühle mich gut“, sagte sie damals lachend in die Kamera. Sie habe einige sehr ernste Erkrankungen hinter sich, das sei nun wie eine zweite Chance im Leben. Sie starb am Mittwoch im Alter von 83 Jahren in ihrem Haus in Küsnacht nahe Zürich.