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Rechtsextremer will beweisen, dass Afghanistan sicher ist - und sitzt jetzt im Taliban-Knast

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Ein österreichischer Rechtsextremer reiste nach Afghanistan, um die Freundlichkeit des Landes zu beweisen. Jetzt sitzt er seit einem halben Jahr im Gefängnis.

Wien/Kabul - Der bekannte Rechtsextremist Herbert F. aus Österreich sitzt seit einem halben Jahr in einem Gefängnis in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Nachdem er im Sommer in das Land gereist war, um zu beweisen, dass Afghanistan für Reisen und somit auch für Abschiebungen für Geflüchtete sicher ist, wurde er von der dort herrschenden Taliban verhaftet. Seitdem wartet er auf ein Urteil. Erst im März wurde ein britischer YouTuber ebenfalls in Afghanistan festgehalten.

Rechtsextremer Österreicher sitzt nach „Urlaub in Afghanistan“ in Gefängnis in Kabul fest

 Taliban-Soldaten feiern mit Flaggen und Waffen auf einem Auto ihre Machtübernahme vor genau zwei Jahren. (Archivfoto, 15.08.2023)
Im August feierten Taliban-Soldaten ihre Machtübernahme vor genau zwei Jahren. (Archivfoto, 15.08.2023) © IMAGO/Kyodo News

Über die Verhaftung des 84-jährigen pensionierten Lehrers hatte zunächst der Watchblog der österreichischen Tageszeitung Der Standard unter Berufung auf rechtsextreme Telegram-Chatgruppen im Juni berichtet. Er soll demnach von der islamistischen Terrorgruppe Taliban, die seit einigen Jahren Afghanistan kontrolliert, wegen des Vorwurfs der Spionage verhaftet worden sein. Das Außenministerium in Wien bestätigte damals auf Anfrage der Zeitung die Verhaftung eines österreichischen Staatsbürgers, veröffentlichte aber keine Namen. Man arbeite an einer Lösung, sei in Afghanistan bezüglich konsularischer Hilfeleistungen jedoch „selbstverständlich sehr eingeschränkt“. In Österreich gilt seit Jahren eine Reisewarnung für das Land. Das Bundesministerium warnt öffentlich, dass es Hilfeleistungen für in Not geratene Österreicher nicht gewährleisten kann.

Am 15. November starteten die Angehörigen nun eine Online-Petition für die Freilassung des bekannten Rechtsextremen aus Wien. „Die Situation ist dramatisch. Er ist in einer Zelle ohne Tageslicht, auf Matratzen, kaltem Boden und ohne Decken untergebracht“, schreibt die Familie als Begründung. Herbert F. benötige zudem dringend Medikamente zur Blutverdünnung, die nicht ankommen würden sowie ein neues Hörgerät. Die Familie fordert daher das Außenministerium auf, „alle diplomatischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Befreiung des Österreichers zu erreichen“, heißt es in der mittlerweile gelöschten originalen Beschreibung der Petition weiter.

Rechtsextremer in Afghanistan von Taliban verhaftet - ist ein Reisebericht der Grund?

Die Verhaftung könnte im Zusammenhang mit einer Titelgeschichte stehen, die Herbert F. zuvor im April in dem rechtsextremen Magazin Info Direkt: Das Magazin für Patrioten veröffentlicht hatte. „Urlaub in Afghanistan“ lautet der Bericht, in dem er über seine Reise im Oktober 2022 in das „gar nicht mehr so wilde“ Afghanistan schrieb. In seinem Artikel versucht der Österreicher zu versichern, dass das Land „wild zerstritten“ und „heiß umfehdet“ gewesen, durch die Machtübernahme der Taliban nun aber wieder sicher sei. Gleichzeitig ging es in der Ausgabe um Argumente für Abschiebungen von Geflüchteten. Eine positive Darstellung Afghanistans passte somit ins Konzept des Magazins, Abschiebungen zu befürworten. Ob der Österreicher tatsächlich wegen seines Reiseberichts verhaftet wurde, ist nicht bestätigt.

Herbert F. ist in Österreich seit Jahrzehnten als rechtsextremistischer Aktivist bekannt. Wie aus einer Abgeordneten-Anfrage im Jahr 1992 an den damaligen österreichischen Bundesminister für Unterricht und Kunst hervorgeht, war der Wiener ein Gründungsmitglied der „Nationaldemokratischen Partei“ (NDP), die 1988 verboten wurde und fiel zudem durch weitere neonazistische Tätigkeiten und Publikationen auf. In dem Wissenschaftsbuch „Rechtsextremismus in Österreich nach 1945“ wurde der inzwischen 84-Jährige demnach als Rechtsextremist eingestuft, wie aus der Anfrage hervorgeht. (nz)

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