Rettungswagen kam nicht durch: Nachbar blockiert Zufahrtsstraße – und bekommt vor Gericht Recht
Ein Anwohner verengt die Zufahrtsstraße seiner Nachbarn so weit, dass Fahrzeuge nicht mehr durchkommen. Trotz lebensbedrohlicher Folgen sprach ihn ein Gericht nun frei.
Klingenthal/Zwickau – Nachbarschaftsstreit kann die absurdesten Ursachen haben. Unter Umständen können die Folgen aber lebensbedrohlich sein, wie ein Fall aus Sachsen zeigt: Ein Anwohner blockierte kurzerhand die einzige Zufahrtsstraße.
Nachbar blockiert Zufahrtsstraße: „Weiter kommen Sie zu Fuß“
Seit Jahren schon schwelt der Streit zwischen Michael M. und seine Nachbarn. Auslöser dafür: Der 49-Jährige blockierte die Zufahrt zu der kleinen Sackgasse so weit, dass an ein Vorbeikommen mit Fahrzeugen seitdem nicht mehr zu denken ist. Erst waren es Spielzeuge, später Pflanzentrögen und Stahlfässer, mit denen der Anwohner die Hangstraße zustellte.
Das betreffende Haus ist das erste in der Straße, drei weitere Nachbarn wohnen ein Stück weiter oben. Um zu ihren Häusern zu gelangen, müssen sie eine kleine Hangstraße nehmen, welche direkt an dem Grundstück von Michael M. abzweigt. An eine Zufahrt zu ihren Grundstücken ist für sie wegen der Blockaden aber nicht mehr zu denken. „Weiter kommen Sie zu Fuß“, sagte M. gegenüber RTL. „Mit Fahrrad oder mit Wanderweg oder so wie es früher gewesen ist, mit Pferd und Kutsche.“
„Das ist keine Provokation“, rechtfertigt der Anwohner seine Installationen. Vielmehr dienten sie der Sicherheit von Verkehrsteilnehmern und Wanderern, so der 49-Jährige. Schließlich habe er beispielsweise die Stahltonnen „bewusst“ mit Autoreifen drapiert, wie er RTL erklärte.

Kein Durchkommen für Rettungskräfte: „Das ist menschenverachtend“
Im Mai 2021 hatten die unerwünschten Installationen erstmals lebensbedrohliche Konsequenzen. Eine Bewohnerin der oberen Häuser erlitt einen Schlaganfall. Der alarmierte Rettungswagen kam an der Installationen jedoch nicht vorbei – die Sanitäter mussten die restlichen 500 Meter der steilen Straße zu Fuß bewältigen.
Auch ein anderer Anwohner bekam den Nachbarschafts-Streit am eigenen Leib zu spüren, als er im Winter medizinische Hilfe benötigte. Die Bergwacht musste den Mann schließlich mit einem Anhänger die Straße hinunterbringen. „Das ist menschenverachtend“, kommentierte eine Nachbarin damals im Gespräch mit RTL die Straßenblockade ihres Nachbarn.
1,70 Meter Fahrbahnbreite – kein Durchkommen für Rettungskräfte
Im Juni 2021 entschied das Sächsische Oberverwaltungsgericht, dass es sich bei dem Weg zwar um eine öffentliche Zufahrtsstraße handle. Da die Einmündung in die Hangstraße aber über ein Privatgrundstück gehe, dürfe sie jedoch nur eine Breite von 2,20 Metern haben . Von dieser Breite werden auf beiden Zeiten noch jeweils 25 Zentimeter Sicherheitsabstand abgezogen – Es bleiben also 1,70 Meter Fahrbahnbreite.
Wie die örtliche Zeitung Freie Presse berichtete, sei laut Gericht alles außerhalb dieses Maßes aber Privateigentum, weshalb der Eigentümer damit machen könne, was er wolle. Rettungswägen, mit einer Breite von circa 2,20 Meter, Feuerwehrautos und Entsorgungsfahrzeuge haben somit keine Chance, die Häuser der oberen Hangbewohner zu erreichen.
Freispruch: „kein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr“
Aufgrund des Schlaganfalls-Vorfalls erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Michael M.: Das Amtsgericht verurteilte ihn in erster Instanz zu einer Geldstrafe in der Höhe von 975 Euro. Der Klingenthaler legte beim Landgericht Berufung ein – und gewann den Prozess in zweiter Instanz.
Der Streit um die Zufahrt sei keine strafrechtliche Angelegenheit, so der vorsitzende Richter. Vielmehr sei es Aufgabe der Stadt, einen Weg zur Verfügung zu stellen, der breit genug ist. Ein „gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr sei daher nicht gegeben“, so der Richter. Der 49-Jährige wurde freigesprochen.
Wegen Stalkings wurde Michael M. in der Vergangenheit bereits zu einer Geldstrafe von 1800 Euro verurteilt. Mit mehr als zehn Überwachungskameras hatte er seine Nachbarn beobachtet und heimlich Fotos von ihnen gemacht. Ein anderer Nachbarschaftsstreit eskalierte vergangenes Jahr in Untersendling. Ein 19-Jähriger bezahlte die Auseinandersetzung fast mit dem Leben. (mlh)
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