Verborgene Gefahren in Nord- und Ostsee sollen jetzt geborgen werden – „betreten weltweit Neuland“
In den Tiefen der Nord- und Ostsee befinden sich insgesamt 1,6 Millionen Tonnen alte Munition, die eine Gefahr darstellen. Es gibt Probleme bei der Bergung.
Kiel - Sprengstoff, Munition, Waffen. Auf dem Meeresgrund der Nord- und Ostsee befinden sich rund 1,6 Millionen Tonnen Munition, die größtenteils aus gezielten Versenkungen der Alliierten nach Ende des Zweiten Weltkrieges stammen. Trotz Jahrzehnten im Wasser ist die Munition noch immer gefährlich, sowohl für die Umwelt als auch für den Menschen. Die Bergung gestaltet sich als schwierig.
„Wir sind jetzt bestimmt über 80 Munitionsobjekte gefahren, die dieses Schiff ordentlich aus dem Wasser gehoben und potenziell zerbrochen hätten“, sagt der Geologe Jens Greinert vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel zur Deutschen Presse-Agentur, als er auf einem Schiff in der Kieler Bucht steht. Hier liegt das Munitionsversenkungsgebiet Kolberger Heide. „Und potenziell stehen wir hier über sechs Grundminen mit 500 Kilogramm Sprengstoff.“
Explosionsrisiko: Alte Munition in Nord- und Ostsee könnte zum Verhängnis werden
Mit ihm auf dem Schiff ist Bundesumdnweltministerin Steffi Lemke. Die Bergung alter Munition aus den Meeren ist eins ihrer politischen Ziele. Doch genau die gestaltet sich als schwierig, denn ein Teil der Munition lässt sich vermutlich nicht mehr aus Nord- oder Ostsee holen. Laut Lemke seien viele Teile bereits zu verrostet. „Aber das macht umso deutlicher, dass wir ein Zeitproblem haben.“

Die Munition in der Nord- und Ostsee stellt eine große Gefahr für die Umwelt und auch Menschen dar. Wie die Forscher des Helmhotz-Zetrums erklären, besteht noch immer das Risiko von Explosionen - und ist vor allem in der Nähe von Küsten dadurch eine Gefahr. Zum einen könnten Explosionen bei der Verlegung von Unterseekabeln oder dem Bau von Offshore-Windkraftanlagen passieren. Dabei sind 1,6 Millionen Tonnen eine unvorstellbare Summe. Die Menge sei „äquivalent zu 400.000 großen afrikanischen Elefanten“, sagte Jens Greinert von der Universität Kiel zur Tagesschau.
Aber auch Giftstoffe, darunter Quecksilber und Blei, werden durch das Rosten der Materialien freigesetzt und schaden dadurch der Umwelt. Der Prozess würde vor allem durch die durch den Klimawandel bedingte Erderwärmung beschleunigt werden. Ein weiteres Problem stellt das Aufspüren der Altlasten dar. Man versuche, mit Unterwasser-Drohnen und alten Logbüchern der Alliierten herauszufinden, wo auf dem Meeresgrund sich die Munition befindet. Das ist nicht immer einfach.
100 Millionen Euro sollen helfen, alte Munition aus der Nord- und Ostsee zu bergen
Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, ein Sofortprogramm für die Bergung auszuarbeiten. Dafür stehen dem Umweltministerium laut eigenen Angaben 100 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt bis 2025 zur Verfügung. Anschließend soll laut Lemke die Bergung beginnen. „Wir betreten damit weltweit Neuland“, sagt die Ministerin. „Wir müssen zunächst Erfahrungen sammeln.“
Das Problem stelle für die Regierung keine Neuigkeit dar. Bislang seien die Zuständigkeiten laut Lemke jedoch ständig „hin und hergeschoben worden“. Nun wolle man endlich anfangen, auch wenn nicht alles bis ins Detail geklärt ist. Lemke hofft gleichzeitig, dass sich andere europäische Länder anschließen und Bergungen innerhalb ihren Grenzen starten. (nz mit dpa)