Seit einer Woche wird Elias gesucht

Potsdam - Mehr als 400 Hinweise hat die Polizei bisher bekommen. Ein ganzer Stadtteil hilft bei der Suche. Doch der kleine Elias aus Potsdam bleibt spurlos verschwunden.
An einer verwitterten Bank auf einem kleinen Spielplatz hängt ein Zettel mit der traurigen Nachricht: „Vermisst“ wird der sechs Jahre alte Elias. Ganz in der Nähe laufen Kinder aus einer Grundschule im Potsdamer Stadtteil Schlaatz, andere tollen lärmend auf der Straße. In Brandenburg gibt es am Mittwoch Zeugnisse, für viele Kinder beginnen die Ferien. Der kleine Elias war in der ersten Klasse, als er vor einer Woche verschwand. Er wollte draußen Spielen gehen - seitdem gibt es keine Spur mehr von ihm. Genauso wie bei der fünfjährigen Inga aus Sachsen-Anhalt, die seit Anfang Mai verschwunden ist.
Immer mehr Hinweise zu Elias gehen ein, über 200 Stunden Videomaterial von Überwachungskameras an Supermärkten, Tankstellen sowie in Bussen und Bahnen hat die Polizei ausgewertet. Auch am Mittwoch suchen Polizisten im angrenzenden Auengebiet des Flüsschens Nuthe, zwischen Schilf, Gras, Bäumen und Büschen. Ausgerüstet mit langen Stangen staken sie durch das brackige Wasser. Ein Spürhund schnüffelt am Ufer entlang. Es werde weitergesucht, „solange es notwendig ist“, sagt Polizeisprecher Christoph Koppe.
"Einsatzleitung Elias"
Am Bürgerhaus in dem Plattenbauviertel steht das Zelt der freiwilligen Helfer. „Einsatzleitung Elias“ heißt es dort. Sandwiches werden geschmiert, Wasserflaschen stapeln sich, in Kisten liegen Warnwesten in Neonfarben, auf den Tischen Karten der Gegend. Zu Beginn kamen etwa 500 Leute, wie Organisationsleiterin Gaby Franz sagt. „Wir sind überrollt worden.“
Am Mittwoch warten ein paar Helfer, dass der nächste Trupp sich auf die Suche nach Elias macht. „Er muss gefunden werden“, sagt der 46-jährige Ingo Lück. Andere Helfer wollen sich nicht mehr äußern. Mittlerweile gab es auch Kritik an der Arbeit der Freiwilligen, etwa, ob diese professionell genug ist. Sie haben dennoch entschieden: „Wir machen weiter“, wie Franz sagt.
Eine Anwohnerin kommt vorbei, um einen Tipp loszuwerden: Vielleicht sei Elias in ein defektes Kellerfenster gefallen, es gebe in den Gebäuden so viele Keller, und die Polizei habe gar nicht alle abgesucht, sagt die Frau, die ihren Namen nicht nennen möchte.
Hinweise sind "Fluch und Segen" zugleich
Dem widerspricht die Polizei. Natürlich seien alle Keller abgesucht worden, betont Sprecher Koppe. Mehr als 400 Hinweise hat die Polizei bisher erhalten. Viele müssten noch abgearbeitet werden.
Die große Anzahl von Hinweisen aus der Bevölkerung sieht der Kriminologe Rudolf Egg als „Fluch und Segen“ zugleich. „Die Polizei muss jedem Hinweis nachgehen, denn darunter könnte ja doch dieses eine Goldkörnchen sein, was zur Auffindung des verschwundenen Jungen führt. Die Polizeiarbeit ist hier wie in vielen andern Fällen auch Knochenarbeit.“
„Die Polizei kann, glaube ich, nicht mehr tun, als sie jetzt schon tut“, sagt der Kriminalpsychologe. „Und irgendwann, wenn es keine neuen Hinweise mehr gibt, muss man einfach abwarten. Die Hoffnung, so klein sie auch sein mag, ist nicht gleich Null.“
dpa