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Treuetesterin lockt Fremdgeher in die Falle: „Das Bauchgefühl bestätigt sich häufig“

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Von: Sina Alonso Garcia

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Therese Kersten
Therese Kersten gründete 2010 eine Treuetester-Agentur. Das Ziel: Fremdgeher entlarven. © Privat

Würde mein Partner auf den Flirt einer anderen Person eingehen? Oder sich sogar mit ihr treffen? Die Treuetester-Agentur von Therese Kersten geht dem auf den Grund und setzt einen ihrer 3.000 Lockvögel auf potenzielle Fremdgeher an.

Stuttgart - Betrügt mein Partner mich? Nicht wenige Menschen haben sich diese schmerzhafte Frage vermutlich schon einmal gestellt. Auch Treuetesterin Therese Kersten befand sich vor zwölf Jahren in einer solchen Situation. „Ich hatte mich damals Hals über Kopf in einen weitaus älteren Mann verliebt“, sagt die heute 32-Jährige im Gespräch mit BW24. Im Laufe der Beziehung habe sie dann ein ungutes Gefühl beschlichen. „Ich hatte zunehmend den Verdacht, dass mein Partner sich noch mit anderen Frauen trifft. Wenn ich ihn darauf angesprochen habe, hat er es jedes Mal verneint.“ Stattdessen habe er ihr Vorwürfe gemacht: Sie würde sich alles nur einbilden und sei krankhaft eifersüchtig. Ein Blick in die E-Mails ihres Partners brachte traurige Gewissheit: „Mich hat der Schlag getroffen, was mich da alles erwartet hat“, sagt Kersten. „Mietverträge von der Wohnung mit der angeblichen Ex-Partnerin, mit der er offenbar noch zusammen war. Hotelbuchungen, Urlaubsbuchungen, Flugtickets von anderen Damen ...“

Obwohl sie damals erst Anfang 20 und hochschwanger war, zog Kersten die Reißleine. „Die Situation war für mich psychisch sehr belastend“, sagt sie. Heute sei ihr bewusst, dass sie damals in einer toxischen Beziehung gefangen war. Nach der Geburt ihrer Tochter reifte in ihr eine Idee heran: „Ich wollte, dass andere, die in der selben Situation sind, schneller Gewissheit haben.“ Zunächst als Ein-Frau-Betrieb, zog Kersten ein Geschäftsmodell hoch, das zu dem Zeitpunkt in der Form noch völlig neu war. Heute ist ihre Treuetester-Agentur die größte im deutschsprachigen Raum – mit 50 bis 70 Aufträgen im Monat ein lukratives Unternehmen. Die meisten Kunden kommen aus Baden-Württemberg.

Treuetester-Agentur: Rund 70 Prozent der Kunden sind weiblich

Während Kersten anfangs noch selbst als „Lockvogel“ agierte, beschäftigt sie heute 3.000 freie Mitarbeiter, die sie auf potenzielle Fremdgeher ansetzt. Die Kosten für einen Treuetest richten sich nach dessen Umfang. Los geht es bei 44 Euro für den SMS- oder WhatsApp-Test. Dabei erhält der Partner eines Kunden 10 bis 50 Nachrichten von einem Lockvogel, der mit ihm flirtet. Alternativ oder in Kombination haben Kunden die Möglichkeit, weitere Tests zu buchen – etwa den Tinder-Check, das arrangierte Treffen, die Untreue-Observation oder den Spermatest. Laut Kersten sind rund 70 Prozent ihrer Kunden Frauen. Interessant: „Wenn Männer etwas bestellten, buchen sie häufig gleich mehrere Tests in Kombination. Frauen reicht meist erstmal nur ein Test.“

Für meine Kunden ist ein Treuetest oft das letzte Mittel – und nie das erste.“

Therese Kersten, Treue-Expertin

Auch, wenn die Gewissheit schmerzhaft sein kann, scheint der Verdacht auf Untreue in den meisten Fällen nicht unbegründet zu sein. „Das Bauchgefühl bestätigt sich häufig“, weiß die Expertin. „Was viele nicht verstehen: Für meine Kunden ist es oft das letzte Mittel – und nie das erste. Viele Außenstehende würden vermutlich sagen: Wenn es so weit kommt, ist die Beziehung sowieso schon kaputt und man sollte sich gleich trennen. Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft und viele würden sich wohl wirklich vorher trennen. Bei meinen Kunden ist es aber so, dass ihnen die Tests auch zeigen, ob es sich lohnt, eine Partnerschaft weiterzuführen und sie nicht gleich wegzuschmeißen.“

Treue-Expertin: Kunden entscheiden, wo ihre Grenzen liegen

Wurde ein Lockvogel auf den Partner angesetzt, liegt es beim Kunden, zu entscheiden, wo für ihn die Grenzen liegen. „Den meisten reicht es schon aus, wenn ihr Partner schreibt, dass er sich mit der anderen Person treffen würde“, sagt die Treue-Expertin. „Auch, wenn jemand zum Beispiel nach zehn Jahren Beziehung behauptet, er ist Single, ist das ja schon verletzend genug.“ Zunächst gibt die Agentur die Ergebnisse der Tests – also beispielsweise einen Chatverlauf – eins zu eins an den Kunden weiter. „Wer möchte, kann anschließend meinen Expertenrat dazu buchen, in dem ich dann gerne mein Statement dazu abgebe.“ Ab wo eine Grenze überschritten sei, müsse jeder sich selbst definieren. „Das, was ein anderer vielleicht für Untreue hält, muss nicht meine eigene Definition davon sein – und andersherum.“

Treue-Expertin: „Frauen gehen eher aus emotionalen Gründen fremd, Männer aus sexuellen“

Moralische Bedenken aufgrund ihres Verfahrens hat Kersten nicht. „Ich sehe natürlich, wie meine Kunden sich mit der Ungewissheit fühlen. Man macht so etwas ja nicht einfach so, sondern, weil schon etwas in der Beziehung vorgefallen ist. Man befindet sich in einem Schwebezustand und weiß nicht: Macht das hier gerade noch Sinn oder würde mein Partner mich wieder betrügen – weil er es vielleicht schon einmal gemacht hat.“ Für ihre Kunden sei die Situation schlichtweg belastend. Wenn sie sich einen Chatverlauf anschaue, könne sie die Lage schnell recht treffend einschätzen.

Dass Beziehungen nach einem Treuetest in die Brüche gehen, ist laut Kersten lediglich eine Beschleunigung eines Prozesses, der ohnehin irgendwann eingetreten wäre. „Oft wäre es egal gewesen, wer da geschrieben hätte“, so die Expertin. „Das hätte sich irgendwann so oder so in diese Richtung entwickelt. Nur in dem Fall weiß es dann halt der Partner.“ Die Gründe, wieso Menschen fremdgehen, seien ihrer Erfahrung nach ganz unterschiedlich. „Bei Männern steht häufig der sexuelle Reiz im Vordergrund – etwas Neues auszuprobieren, Sex-Fantasien zu befriedigen. Frauen gehen eher fremd, weil sie unglücklich sind und sich nicht mehr begehrt fühlen.“ Während sich Frauen bei einem Seitensprung eher auf eine einzelne Person konzentrieren würden, mit der sie sich treffen, würden sich Männer häufiger gleich mehrere Affären suchen. „Ich würde sagen, Frauen gehen eher aus emotionalen Gründen fremd und Männer aus sexuellen.“ Die meisten ihrer Kunden seien im Alter von 35 bis 45. Homosexuelle Kunden habe sie vergleichsweise eher selten.

Therese Kersten: Treuetester-Agentur trifft einen Nerv: „Ich kann sehr gut davon leben“

Mit ihrem Geschäftsmodell hat Therese Kersten offenbar einen Nerv getroffen. Finanziell läuft es gut.Ich kann sehr gut davon leben“, sagt die 32-Jährige im Gespräch mit BW24. Nachdem sie ihr Unternehmen vor zwölf Jahren in Wien gegründet hat, erreichte sie insbesondere mit ihrem Buch „Lockvogel – mein Leben als Treuetesterin“ noch mehr Bekanntheit. Im Buch berichtet sie neben ihrer eigenen Geschichte auch über Erfahrungen von Kunden. In Wien gegründet, sitzt ihre Agentur inzwischen in den USA. Kersten selbst ist in Schönebeck (Elbe) geboren und lebt mittlerweile in Paris.

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