Supervulkan verursacht Erdbeben in Italien: Ganzes Fernsehstudio wackelt – News-Sendung unterbrochen

Der Boden unter dem Supervulkan der Phlegräischen Feldern bei Neapel kommt nicht zur Ruhe. Ein Erdbeben sorgte jetzt wieder für Schrecken – auch in einem Fernsehstudio.
Neapel/Pozzuoli – Die Anzeichen eines bevorstehenden Ausbruchs des Supervulkans der Phlegräischen Felder, der „brennenden Felder“ bei Neapel im Süden Italiens, verdichten sich. Die Phlegräischen Felder sind ein riesiger Vulkan mit einem Durchmesser von 14 Kilometern, der sich vom Land bis unter den Meeresgrund unter der Bucht von Pozzuoli erstreckt. Darin sind mehrere kleinere Krater entstanden.
Das stärkste Beben in der Bucht seit 1984
Die Schwarmbeben an der Bucht von Pozzuoli werden immer häufiger und auch stärker. Am Donnerstagabend schreckte das bislang stärkste Beben seit 1984 die Einwohner der Ortschaften zwischen Pozzuoli und Neapel auf. Das Beben erreichte eine Stärke von 3,8 auf der Richterskala, das Epizentrum lag in einer Tiefe von 2,5 Kilometern.

Das Beben hinterließ zwar keine nennenswerten Schäden – in einigen Häusern fielen Gemälde und Einrichtungsgegenstände von den Wänden. Doch es beweist, dass sich etwas im vulkanischen Untergrund der Phlegräischen Felder tut, und war dieses Mal auch in Neapel deutlich zu spüren, wo man bislang von den Beben in der Nachbarschaft kaum etwas mitbekam.
TV-Moderator bleibt erst cool, doch dann wird er nervös
Im Studio des nationalen Fernsehsenders Rai in Neapel wollte der Moderator Alessandro di Liegro gerade die Regionalnachrichten vorlesen, als er plötzlich Erschütterungen wahrnimmt, man hört auch ein Klappern. Die Ausrüstung im Studio zittert, auch die Kulisse im Hintergrund. Erst sagt di Liegro, ohne mit der Wimper zu zucken: „Es gibt gerade ein Erdbeben, Entschuldigung “, dann streckt er die Hand aus.
Plötzlich wirft er einen kurzen Blick auf das Geschehen hinter den Kulissen und entschuldigt sich dann noch einmal: „Im Studio gibt es ein Erdbeben, also entschuldigen Sie, wenn wir die Nachrichten für ein paar Momente unterbrechen.“ Dann schaut der Moderator einen Studiogast, der nicht im Bild ist, verängstigt an und fordert die Anwesenden und die Zuschauer auf, sich zu beruhigen: „Bitte Ruhe bewahren.“ Dann setzt er die Nachrichtensendung wie gehabt fort - das Beben ist vorüber - vorübergehend.
Landkarte zeigt, wie oft es in der Vulkanbucht bebt
Eine Karte des Radiosenders Campi Flegrei zeigt, wo es in den vergangenen Monaten in der Bucht von Pozzuoli bebte, man erkennt gut die Vulkankrater.
Die Erde kam aber auch nicht nach diesem Beben zur Ruhe: Nur bis zum Freitag wurden 30 Nachbeben gezählt, auch am Wochenende hörten viele Bewohner der Bucht von Pozzuoli mehrfach ein merkwürdiges Brüllen. Im August wurden nach Angaben des Vesuv-Observatorium im Gebiet der Phlegräischen Felder 1118 Erdbeben gezählt, im Juli waren es nur 206.
Die Experten geben darum auch keinen Anlass zur Beruhigung: „Das jüngste Erdbeben, das auch in der Gegend von Neapel zu spüren war, ist Teil eines Bruchprozesses der Kruste der Phlegräischen Felder, einer Kruste, die zunehmend schwächer wird“, erklärt Stefano Carlino, Forscher am Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie in napolitoday.it.
Italienische Experten sehen keinen Anlass zur Entwarnung
Professor Giuseppe De Natale, einer der führenden Experten der Campi Flegrei, wird im corriere del Mezzogiorno deutlicher: „Heute ist der Druck im Untergrund der höchste, der jemals in den letzten Jahrhunderten erlebt wurde, nach dem Ausbruch des Monte Nuovo im Jahr 1538.“ Damals erstand aus dem Nichts ein neuer Vulkan, der das Dorf Tripergle, die Villa des römischen Staatsmanns Cicero und antike Bäder verschüttete. Es gab 24 Tote. Professor De Natale: „Der Innendruck verursacht nicht nur Auftrieb, sondern spaltet auch das Gestein und verursacht Erdbeben.“
Seit 2006 hebe sich das Gelände der Bucht: „Der Bodenspiegel steigt, weil der Druck im Inneren des Systems zunimmt, sei es durch Magma, das in geringe Tiefen aufsteigt, oder – wie wir meinen – durch die Erwärmung der Grundwasserleiter aufgrund der Übertragung heißer Gase aus der tiefen Magmakammer, die das System unter Druck setzt Wasser wie in einem Schnellkochtopf.“ Das Erdbeben von 1984 geschah auf dem Höhepunkt einer Krise, wie sie jetzt stattfindet, damals wurde die Stadt Pozzuoli evakuiert. Damals beruhigte sich die Lage aber wieder.
Die Frage ist, was passiert dieses Mal? Bei einem einzigen Ausbruch vor 39 280 Jahren hat der Supervulkan der Phlegräischen Felder 430 bis 680 Kubikkilometer Magma herausgeschleudert - so viel, wie der 3357 Meter hohe und regelmäßig ausbrechende Ätna auf Sizlien in den vergangenen 500 000 Jahren ausgestoßen hat.
Ausbruch des größten Vulkans Italiens hätte dramatische Folgen
Die Folgen eines Großausbruchs der phlegräischen Felder wären nicht nur für den Großraum Neapel verheerend. Das Portal vulkan.net berichtet über eine Studie Technischen Hochschule Zürich: „Die Stadt Pozzuoli würde praktisch vernichtet werden, genauso große Teile des Golfs von Neapel.“ Je nach Windrichtung könnte sich die Eruption noch in mehr als Tausend Kilometern Entfernung auswirken. Weiter: „Der Flugverkehr käme langfristig zum Erliegen und das Klima würde beeinträchtigt werden.“
Alleine in der Bucht von Pozzuoli leben über 350 000 Einwohner. Zum Vergleich: Trotz Evakuierung von 12 000 Personen fanden 1944 beim letzten Ausbruch des Vesuv auf der anderen Seite der Bucht von Neapel 26 Menschen den Tod.
Nach einer Sondersitzung der Bürgermeister der Region verkündete am Samstag das Stadtoberhaupt von Pozzuoli, Luigi Manzoni: „Es wird eine weitere Untersuchung des Problems geben und wir werden mögliche gemeinsame Initiativen ermitteln, die in Angriff genommen werden sollen.“ Er werde nächste Woche in Rom sein, um den Zivilschutzminister Nello Musumeci zu treffen.