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Familien in der Pflegefalle: Heimkosten explodieren - wer kann das noch bezahlen?

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Eine gute Pflege wünscht sich jeder für seine Lieben. Pflegeplätze sind aber rar und teuer.
Eine gute Pflege wünscht sich jeder für seine Lieben. Pflegeplätze sind aber rar und teuer. © Imago images/MITO

Die Kosten für Pflege steigen rasant. Für viele Betroffene wird die Situation finanziell kritisch. Was ist zu tun, wenn jemand den Eigenanteil nicht mehr aufbringen kann?

München - Katharina H. lebt in einem Caritas-Pflegeheim mitten in München. Die 93-Jährige fühlt sich wohl. Zwar ist sie nicht mehr gut zu Fuß und die Hände wollen auch nicht mehr so, wie sie sich das wünschen würde, aber sie fühlt sich gut betreut. Rund 4000 Euro kostet ihr Platz im Monat, davon übernimmt 1262 Euro die Pflegekasse – 2738 Euro muss sie selbst aufbringen. Bisher, denn zum 1. Juni steigt ihr Eigenanteil. Und zwar um 436 Euro! 3000 oder sogar 4000 Euro Eigenanteil sind längst keine Ausnahme mehr. Warum steigen die Kosten so immens? Was passiert, wenn man den Eigenanteil nicht mehr aufbringen kann? Doris Schneider, Geschäftsleiterin der Caritas-Altenheime in der Diözese München und Freising, erklärt die Hintergründe.

Das sind Die Kostentreiber:

Zum einen, so Schneider, seien die Personalkosten gestiegen–um durchschnittlich acht Prozent. Zum anderen unterlägen die Sachkosten (z. B. die Lebensmittel) der allgemeinen Teuerungsrate. Aktuell seien das 9,8 Prozent. Und dazu kommen noch die gestiegenen Kosten für Energie. Auf der anderen Seite blieben die Zuschüsse aus der Pflegekasse aber unverändert.

Wie sieht es bei anderen Trägern aus?

Teilweise sind die Kostensteigerungen noch höher als bei der Caritas. Ein Grund: Private Träger müssten jetzt auch Tarif bezahlen, so Doris Schneider. Damit stiegen bei ihnen die Personalkosten noch mehr.

Was können Betroffene und ihre Familien tun?

Reichen Vermögen oder Rente nicht aus, um den Eigenanteil zu stemmen, sollten sich Pflegebedürftige so schnell wie möglich ans Sozialamt wenden. Von den 6000 Heimbewohnern, die die Caritas in Oberbayern betreut (3000 davon in München), mussten diesen Schritt rund ein Drittel gehen. Wichtig: Seit Januar darf jeder ein Schonvermögen von 10 000 Euro behalten.

Was prüft das Sozialamt?

Bevor der Staat einspringt, muss das eigene Einkommen und Vermögen für die Heimkosten eingesetzt werde. Ist ein Pflegebedürftiger verheiratet oder lebt in einer eheähnlichen Partnerschaft, werden auch Vermögen und Einkünfte des Partners herangezogen.

Was passiert, wenn ein Partner im Heim, der andere noch zu Hause lebt?

Da die Pflicht gilt, sich gegenseitig zu unterstützen, muss sich derjenige, der zu Hause zurückbleibt, an den Heimkosten beteiligen. Es muss ihm aber so viel Geld übrig bleiben, dass er weiterhin seine eigenen Kosten (z. B. Miete und Essen) zahlen kann.

Muss die eigene Immobilie verkauft werden?

Ja, im Notfall schon. Anders sieht es aus, wenn ein Ehepartner ins Heim zieht und der andere nicht. Die selbst genutzte Immobilie bleibt dann unangetastet – es sei denn, es handelt sich um ein Luxusanwesen.

Werden auch die Kinder zur Kasse gebeten?

In der Regel nicht. Nur Topverdiener mit einem Jahresgehalt von mehr als 100 000 Euro brutto müssen Kosten übernehmen.

Wie reagieren Angehörige auf die Kostenexplosion?

„Mit viel Verständnis“, so Doris Schneider. „Es spürt ja jeder selbst, dass alles teurer geworden ist.“ Ohnehin ist aus Ihrer Sicht das Geld gar nicht die größte Sorge der Familien: „Viel schlimmer ist, dass viele ja überhaupt keinen Pflgeplatz finden. Wir könnten sicher dreimal so viele Betten belegen – wenn wir denn genügend Personal hätten.“ (WDP)

Das Bayerisches Rotes Kreuz (BRK) schlägt zum Tag der Pflege Alarm und fordert Reformen. Der Mangel an Pflegepersonal habe verheerende Auswirkungen.

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