1. tz
  2. Welt

Geplante Bestrafung für außerehelichen Geschlechtsverkehr auf Bali: Das müssen Touristen dazu wissen

Erstellt:

Von: Maximilian Kettenbach

Kommentare

Bali gilt als Traumreiseziel für viele Paare: Das außereheliche Beischlafverbot in Indonesien sorgte daher für Entsetzen.
Bali gilt als Traumreiseziel für viele Paare: Das außereheliche Beischlafverbot in Indonesien sorgte daher für Entsetzen. © Alessandro Biascioli/PantherMedia

In Indonesien wird Sex außerhalb der Ehe künftig per Gesetz verboten und mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft. Was bedeutet das nun für Urlauber?

Jakarta – Sechs Millionen Urlauber besuchten Bali vor der Corona-Pandemie jährlich, Tausende davon kamen aus Deutschland. Die Zahlen erlitten einen Einbruch und nun sorgt ein neues Gesetz in Indonesien für Wirbel. Denn trotz Protesten und Kritik segnete das Parlament in dem südostasiatischen Inselstaat Anfang Dezember einen Gesetzentwurf ab, der vorsieht, dass Sex außerhalb der Ehe künftig mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft wird. Menschenrechtler hatten das Abgeordnetenhaus zuvor dringend aufgefordert, die neuen Regeln nicht zu verabschieden, weil sie die Bürgerrechte im größten islamisch geprägten Land der Erde verletzten. Doch sie verloren den Kampf. Die neue Gesetzgebung soll 2025 in Kraft treten.

Bisher galten außerehelicher Sex sowie homosexuelle Beziehungen in Indonesien zwar nicht als Straftat, jedoch wurde beides in dem konservativen Land schon lange als Tabu betrachtet. Nur in der Provinz Aceh an der Nordwestspitze der Insel Sumatra wird das islamische Rechtssystem der Scharia umgesetzt. Sex außerhalb der Ehe wird dort mit bis zu 100 Stockhieben bestraft.

Geplantes Verbot für außerehelichen Geschlechtsverkehr auf Bali - Einordnung für Urlauber

„Indonesien will den Weg der rechtsverletzenden Katastrophe einschlagen, indem es außerehelichen Sex unter Strafe stellt“, hatte Phil Robertson, stellvertretender Asien-Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, auf Twitter gewarnt. Nicht nur Sex unter Unverheirateten wird verboten: Auch dürfen Paare dem Gesetz zufolge nicht mehr vor der Ehe zusammenleben. Bei einem Verstoß drohen sechs Monate Haft. Allerdings darf die Polizei nur Ermittlungen aufnehmen, wenn ein Familienmitglied eine Beschwerde einreicht. Dieser Punkt gilt als Kompromiss zwischen Liberalen und Konservativen im Parlament. Touristen etwa auf der Urlaubsinsel Bali dürften somit von dem Gesetz kaum betroffen sein.

Falsche Anschuldigungen werden mit einer Strafe von bis zu zehn Millionen Rupiah (rund 600 Euro) belegt, was in etwa zwei durchschnittlichen Monatsgehältern in Indonesien entspricht. „All das verringert das Risiko, dass Touristen angeklagt werden“, sagt Dr. Ken Satiawan, Expertin für indonesisches Recht am Asien-Institut der Universität Melbourne, der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA. Sie fürchtet, dass die jüngsten Änderungen insbesondere die LGBTQ-Gemeinschaft treffen könnten. In Indonesien gilt die Ehe nur zwischen Mann und Frau, die Homo-Ehe ist illegal. „Neben den Vorschriften über Sex außerhalb der Ehe ist auch das Zusammenleben verboten, sodass auch schwule Paare, die in Indonesien zusammen wohnen, verhaftet werden können“, sagt Satiawan. 

Über IPPEN.MEDIA

Das IPPEN.MEDIA-Netzwerk ist einer der größten Online-Publisher Deutschlands. An den Standorten Berlin, Hamburg/Bremen, München, Frankfurt, Köln, Stuttgart und Wien recherchieren und publizieren Journalistinnen und Journalisten unserer Zentralredaktion für mehr als 50 Nachrichtenangebote. Dazu zählen u.a. Marken wie Münchner Merkur, Frankfurter Rundschau und BuzzFeed Deutschland. Unsere Nachrichten, Interviews, Analysen und Kommentare erreichen mehr als 5 Millionen Menschen täglich in Deutschland.

Ihre Meinung: Stimmen Sie mit ab.

Gesetzesänderungen en masse – auch Majestätsbeleidigung soll für Bali-Urlauber bald unter Strafe stehen

Die weltweit negativen Schlagzeilen versetzen dem Tourismussektor einen Schlag. Das neue Gesetz sei völlig „kontraproduktiv“ in einer Phase, in der sich der Tourismus langsam von der Pandemie erhole, erklärte das indonesische Fremdenverkehrsamt. Der US-Botschafter in Jakarta, Sung Kim, geht von einem „negativen Einfluss auf das Investitionsklima” aus. Scott Slattery, vom australischen Reiseunternehmen My World Concierge, sieht die Aufregung allerdings gelassen. „Falls das Gesetz in drei Jahren überhaupt in Kraft tritt, glaube ich, dass sowohl die indonesische Regierung als auch die Fremdenverkehrsämter und australische Reiseveranstalter eine große Werbekampagne starten werden, um darauf hinzuweisen, dass die Regelung nicht gegen Touristen durchgesetzt wird.“ Balis Partyhochburgen Kuta und Seminyak gelten als das Mallorca der Australier.

Weitere Dämpfer für den Tourismus könnten allerdings weitere Gesetzesänderungen sein. So soll beispielsweise in dem Land, das oftmals als „fromme Demokratie“ bezeichnet wird, die Religionsfreiheit eingeschränkt werden. Alle Bürger müssen einer der fünf anerkannten Religionen angehören. Und möglicherweise wollen die indonesischen Gesetzgeber auch die Beleidigung des Präsidenten und der Minister unter Strafe stellen. „Sie sind sehr weit gefasst und vage formuliert“, sagt Dr. Satiawan. Das sei die eigentliche Gefahr dieser Gesetze. „Deshalb können sie auf jeden angewendet werden – auch auf Ausländer.“ Bis alle Änderungen in Kraft treten, dürften Touristen ihren Urlaub auf den Trauminseln Indonesiens jedoch noch genießen können.

Auch interessant

Kommentare