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Seltsame Strukturen im Meer entdeckt: Sensationsfund vor kroatischer Adria-Insel

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Von: Johannes Welte

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Vor dieser Feriensiedlung auf Korčula liegt die versunkene Steinzeitstadt
Ein Luftbild der versunkenen Stadt und der schmalen Straße dorthin © Universität Zadar

Vor Tausenden Jahre existierte vor der kroatischen Adria-Insel eine kleine jungsteinzeitliche Stadt. Sie ereilte das Schicksal, das heute auch vielen küstennahen Städten blüht: Sie ging unter.

Korčula – Unter schimmernden azurblauen Licht saugt ein Taucher mit einem Vakuumrohr feinen Schlamm von regelmäßig angeordneten Steinen weg, die sich etwa vier bis fünf Meter unter der Erdoberfläche befinden. Was in einem Video der Universität Zagreb so idyllisch ausschaut, ist das Zeugnis eines Dramas, das sich etwa 4900 vor Christus vor der Küste Kroatiens ereignete.

Vor kroatischer Insel: Taucher legen versunkene Stadt aus der Steinzeit frei

Unterwasser-Archäologen der Universität Zagreb haben vor der West-Küste der kroatischen Adriainsel Korčula eine rund 7000 Jahre alte Siedlung und eine Straße freigelegt, die dorthin führte. Igor Borzić, der Leiter des Forschungsteams der Abteilung für Archäologie der Universität Zadar, hatte seltsame Strukturen im Meer in der Gradina-Bucht entdeckt, die ihn neugierig machten.

Schon 2021 hatte das Archäologenteam eine versunkene Siedlung an der Nordostküste bei der Feriensiedlung Soline entdeckt, etwa 7000 Jahre alt. Damals entdeckten sie Überreste einer Steinmauer, die die Siedlung umgab sowie einige Werkzeuge und Gegenstände, die die früheren Bewohner verwendet hatten. „Wir haben einige Keramikgegenstände und Feuersteinmesser gefunden“, so Professor Mate Parica von der Universtät Zadar damals zu Reuters.

Kroatien: Steinzeitstraße wurde vor 7000 Jahren überschwemmt

Dieses Mal entdeckten die Forscher laut Universität Zadar in vier bis fünf Meter tiefem Wasser eine Steinzeit-Straße, die zu einer weiteren versunkenen Stadt führte. Laut Borzić „sind dies komplexe Steinplatten, die Teil eines vier Meter breiten Wegenetzes waren, das eine künstlich geschaffene Insel mit der Küste verband.“ Mittels Radiokarbonanalyse konservierter Holzstücke, die unter Wasser gefunden wurden, wurde die gesamte Siedlung auf das 5. Jahrtausend vor Christus datiert. Somit sind auf der Straße vor 7000 Menschen unterwegs gewesen!

Unterwasserstrukturen an der Westküste, auf die die Forscher aufmerksam wurden.
Die zweite Siedlung, die das Forscherteam jetzt an der Westküste von Korčula  © Universität Zadar

Eine Kultur mit weit reichenden Kontakten

Die Forscher ordnen die versunkenen Siedlungen der jungsteinzeitlichen Danilo-Hvar-Kultur zu, die nach Fundorten nahe der kroatischen Küstenstadt Šibenik und auf der Insel Hvar benannt ist. Man geht davon aus, dass die Menschen dieser Kultur seegängige Boote hatten. Ihre Kontakte reichten bis ins heutige Ungarn, wohin das Volk Stachelaustern sowie offenbar aus Italien stammenden Obdsidian-Steine verkaufte. Es gibt auch Parallelen zu Funden in Italien, wo kunstvoll verzierte Keramik mit ähnlichen Mustern wie bei der Danilo-Hvar-Kultur entdeckt wurde.

Forscher aus Dänemark entdecken auf dem Grund der Ostsee drei gesunkene Schiffe. Obwohl schon Hunderte Jahre im Wasser, erkennt man noch Details. Sensationell war die Entdeckung eines Walfang-Schiffs. Kapitän des Schiffes war der Enkel eines befreiten Sklaven und einer Ureinwohnerin der USA.

Wissenschaftler haben eine 7000 Jahre alte Straße freigelegt
Das Team der Unterwasser-Archäologen wertet die Funde aus © Universität Zadar

Aber wieso sind die jungsteinzeitlichen Städte versunken? „Während der Jungsteinzeit erlebten Menschen im Mittelmeerraum einen Meeresspiegelanstieg von vier bis sieben Millimeter pro Jahr oder etwa zwölf bis 21 Zentimeter im Verlauf eines Lebens“, erklärt Ehud Galili von der Universität Haifa in Israel gegenüber Spiegel.de. Er hatte 2019 eine Flutmauer einer Steinzeitsiedlung an der israelischen Mittelmeerküste freigelegt. Es gab damals immer mehr Überschwemmungen durch Stürme. Vor 7600 Jahren kam es zum zweiten dramatischen Meeresspiegelanstieg nach der letzten Eiszeit.

Das Gefäß ist im archäologischen Museum Zadar ausgestellt
Ein Trinkgefäß aus Keramik der Danilo-Hvar-Kultur © Dokideide Wikipedia

Stadt versunken: Katastrophen-Szenario, das sich zu wiederholen droht

Die Ursache war im Ende der Eiszeit zu suchen. Auf dem Höhepunkt dieser Ära vor 20.000 Jahren lag der Meeresspiegel sogar 120 Meter niedriger als heute. Vor rund 15000 Jahre bis etwa 7000 Jahren stieg der Pegel dramatisch schnell durch das Abschmelzen des Inlandeises an. Wollte man sich in den Steinzeitstädten vor Korčula wie in Israel durch die Mauer davor schützen? Es half nichts, die Siedlungen versanken im Meer, die Bewohner mussten höher gelegene Siedlungen anlegen. Ein Szenario, das sich heute durch den Klimawandel zu wiederholen droht. Dieses Mal verursacht ihn aber der Mensch.

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