Baupräsident vor Krisengipfel: „Das Treffen selbst ist eine reine Showveranstaltung“

In der Bauwirtschaft geht es begab. Dagegen soll der kommende Wohnungsgipfel der Bundesregierung Abhilfe schaffen. Baupräsident Peter Hübner hat daran seine Zweifel.
Berlin – Die Bauwirtschaft steckt in der Krise – obwohl dringend neuer Wohnraum in Deutschland gebraucht wird. Ein Krisengipfel mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) soll neue Impulse bringen. In einem Interview mit der Wirtschaftswoche zeigt sich Baupräsident Peter Hübner eher skeptisch.
Krisengipfel mit Scholz wegen Krise der Baubranche
Das Treffen des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“ soll am 25. September im Kanzleramt stattfinden. Mit dabei sind der Kanzler und Bauministerin Klara Geywitz (SPD), aber auch Vertreter von Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften, Länder und Kommunen. Das Ziel: Den immer dramatischeren Einbruch des Wohnungsneubaus stoppen.
So gab das Statistische Bundesamt am Montag bekannt, dass die Zahl der Genehmigungen für den Bau neuer Wohnungen im Juli um 31,5 Prozent oder 9600 im Vergleich zum Vorjahresmonat eingebrochen ist. Insgesamt wurde damit die Erlaubnis für 21.000 neue Wohnungen erteilt. Das sei der zehnte aufeinanderfolgende Monat mit einem zweistelligen Genehmigungsrückgang, so die deutsche Bauindustrie, die von einem „traurigen Rekord“ sprach.
In den ersten sieben Monaten des Jahres wurden damit nur 156.200 Wohnungen genehmigt. Die Bundesregierung hat sich eigentlich das Ziel von jährlich 400.000 Wohnungen gesetzt, um dem wachsenden Bedarf vor allem in den Großstädten zu begegnen. Das dürfte sie nach Einschätzung von Experten aber deutlich verfehlen. Vor allem steigende Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen machen es der Branche schwer.
Gipfel zum Wohnungsbau: „Reine Showveranstaltung“
Nun soll der Krisengipfel so etwas wie ein Aufbruchssignal oder Fahrplan werden, wie man sich diesen Herausforderungen stellen könnte. Doch schon im Vorfeld zeigt sich Baupräsident Peter Hübner eher pessimistisch. „Voraussichtlich gibt es zwei Minuten Redezeit für die Bauwirtschaft“, verriet er der Wirtschaftswoche.
Auf die Nachfrage des Magazins, ob das bedeuten würde, dass das Beschlusspaket schon ausverhandelt wurde und fest stehe, erklärt er: „Ja, das ist so ähnlich wie bei einer Abschlusserklärung eines G20-Gipfels. Das Treffen selbst ist in meiner Wahrnehmung eine reine Showveranstaltung.“ Das Bündnis bezahlbarer Wohnraum sei „bisher kein großer Wurf“ gewesen.
Baupräsident Hübner: Seine Forderungen an die Politik
Bauministerin Geywitz hat bisher als Hilfe für die Baubranche steuerliche Anreize vorgeschlagen, um den Wohnungsbau anzukurbeln. „Angesichts des dramatischen Einbruchs bei den Baugenehmigungen und damit verbunden dem Rückgang der Bauinvestitionen in diesem Jahr brauchen Bau- und Immobilienwirtschaft dringend neue Investitionsanreize“, sagte Geywitz. Sie will, dass steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für Neubauten deutlich erweitert werden.
Dazu erklärte Hübner der Wirtschaftswoche: „Degressive Abschreibungsmöglichkeiten, wie Frau Geywitz sie schaffen will, sind natürlich gut. Aber abschreiben kannst Du nur, was Du vorher investiert hast. Wenn nicht gebaut wird, gibt es nichts abzuschreiben.“
Die Bauindustrie wolle zudem keine Subventionen, sondern „gute Rahmenbedingungen für Investitionen“, so der Baupräsident. Er fordert, dass die Verteuerung durch „zu anspruchsvolle Energiestandards“ beim Hausbau gestoppt werden soll und der lang geplante digitale Bauantrag endlich eingeführt wird. Er schlägt außerdem einen Ausbau des KfW-Programms vor: „Gäbe es ein großes KfW-Programm, das die Kreditaufnahme für alle potenziellen Bauherren deutlich verbilligt, dann würde ein Effekt sehr schnell sichtbar – dann würde die Zahl der Bauanträge umgehend steigen.“
Geywitz: „Ich sehe keinen Niedergang auf den Bau zukommen“
Nicht nur Hübner sieht sonst schwere Zeiten kommen – auch Handwerkspräsident Jörg Dittrich warnte vor kurzem in einem Interview mit der Bild am Sonntag vor einem Kollaps. „Wir fahren beim Bau mit hohem Tempo auf eine Mauer zu, und die Bundesregierung schafft es einfach nicht, auf die Bremse zu treten“, sagte er. „Das Baugewerbe mit seinen 2,33 Millionen Beschäftigten ist eine Schlüsselbranche für das Handwerk. Und dieser Sektor droht gerade komplett einzubrechen.“
Bundesbauministerin Geywitz sieht das anders: „Ich sehe keinen Niedergang auf den Bau zukommen“, widersprach die SPD-Politikerin in der Neuen Osnabrücker Zeitung am Wochenende. Es gebe „eine kurze konjunkturelle Herausforderung“. Das kommende Jahr werde schwer werden, doch dafür komme staatliche Unterstützung. Zudem seien die Zinsen nicht historisch hoch, und „für 2025 erwarteten quasi alle Experten eine Gewöhnung des Marktes an das neue Zinsniveau.“
Geywitz warnte vor Schwarzmalerei: „Es macht mir Sorge, dass wir die Lage schlechter reden, als sie tatsächlich ist.“ Die Ministerin stellte eine Erhöhung des Baugeldes für Familien in Aussicht. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Wohneigentumsförderung für junge Familien zu verbessern“, sagte Geywitz der Neuen Osnabrücker Zeitung. Sie verwies auf das laufende, aber wenig genutzte Programm für Familien mit einem Jahreseinkommen bis 60.000 Euro. „Diese Grenze sollte angehoben werden. Zudem könnten die Kredithöhen steigen.“ Sie sei zuversichtlich, dass die verbesserten Konditionen in wenigen Wochen stehen.
Mit Material von Reuters und der dpa