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Kampf um die Zukunft: Wie BMW und Mercedes bei E-Autos Tesla kontern wollen

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Von: Patrick Freiwah

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Bei E-Autos sind BMW und Mercedes schwer unter Druck. Neben Tesla drängen auch asiatische Hersteller. Jetzt holen die deutschen Hersteller zum Gegenschlag aus.

Stuttgart/München - Einst gehörten BMW und Mercedes zu den Vorreitern im Automobilbau. Mittlerweile ist der Technologie-Vorsprung auf die internationale Konkurrenz jedoch geschrumpft und nach Meinung von vielen Beobachtern zu einem Rückstand geworden.

Tesla erlebte derweil in den vergangenen Jahren einen Boom, was sich zum einen am weltweiten Absatz und der Expansion in ausländische Märkte bemerkbar macht, zudem stieg der Aktienkurs des Unternehmens von Elon Musk in immer höhere Sphären. Aber der Wettbewerb wird nicht nur auf Teslas Heimatmarkt in den USA schärfer. Auch asiatische Autobauer spielen im globalen Wettrennen eine immer bedeutendere Rolle - und schrecken auch nicht davor zurück, die deutschen Hersteller mit einer Flut an E-Modellen auch in Deutschland frontal anzugreifen.

BMW plant E-Auto-Offensive gegen Konkurrenz - „Tesla hat nachgelassen“

Jetzt holen BMW und Mercedes mit ihren Elektro-Neuheiten der nächsten Generation zum Gegenschlag aus. Das trifft neben einem neuen E-Auto-Design insbesondere auch auf die technische Plattform zu. Bei BMW spielt eine wegweisende Rolle die IAA Mobility im September 2023. Auf dem Heimspiel vor den Toren Münchens präsentiert der bayerische Hersteller einen angeblich seriennahen Ausblick auf die „Neue Klasse“.

Denn bei dem dann erscheinenden BMW-Elektroauto wird sich nicht nur die Optik im Vergleich zu heutigen Modellen stark ändern. Laut Handelsblatt werden auch der elektrische Antrieb, das Cockpit sowie die Innenraum-Beschaffenheit grundlegend neu entwickelt. Geplantermaßen wird das erste Gefährt der neuen E-Auto-Generation der Münchner im Jahr 2025 an den Start gehen - die Rede ist von einer kompakten Limousine.

BMW wappnet sich für den zukünftigen Kampf um Elektroauto-Verkaufszahlen, bei dem Rivale Tesla derzeit vielerorts Vorsprung hat. Der US-Hersteller selbst wird kommendes Jahr sein Erfolgsmodell Model 3 updaten, dem Vernehmen nach mit dezenten Maßnahmen. „Tesla hat bei seinem Innovationstempo etwas nachgelassen“, lässt Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM), gegenüber dem Handelsblatt wissen. Für deutsche Autohersteller sei die Zeit gekommen, am Technologie-Rückstand auf Tesla zu rütteln, glaubt er. Das betrifft auch Mercedes, das 2024 der coupéförmigen Kompaktklasse CLA ein elektrisches Pendant zur Seite stellt.

BMW und Mercedes planen eine massive Elektroauto-Offensive
BMW und Mercedes planen eine massive Elektroauto-Offensive. © NurPhoto, Ralph Peters/Imago

Neue E-Autos von BMW und Mercedes: Es geht um Verbrauch und Reichweite

Experte Bratzel erwartet einen verschärften Wettbewerb zwischen den beiden deutschen Autobauern und Tesla. „Bei BMW und Mercedes müssen diese beiden Schüsse jetzt sitzen“, erklärt Bratzel, der bei den beiden Traditionsmarken dafür gute Chancen sieht. Ihm zufolge seien die Amerikaner speziell bei der Wertschöpfung im Hinblick auf Kostenersparnis jedoch (noch) führend.

Dabei wollen BMW und Mercedes offenbar mit Effizienz punkten: Reichweite und Verbrauch sind schließlich Hauptargumente für den Kauf eines Elektroautos. Dem Bericht zufolge soll der Stromverbrauch bei kommenden Modellgenerationen massiv gesenkt werden. Für BMW spielt hier ein Umschwenken im Bereich Batterietechnologie eine große Rolle: Denn statt der bisher verwendeten kastenförmigen Energiespeicher sollen in E-Autos künftig innovative Rundzellen verbaut werden. Die Technologie soll die Stromer rund 30 Prozent schneller laden lassen, zudem die Reichweite um rund 30 Prozent steigern - wird BMW-Projektleiter Mike Reichelt vom Handelsblatt zitiert.

Die Rede ist von stark reduzierten Verbrauchswerten: Verbraucht ein BMW i4 auf dem Papier heute 17 Kilowattstunden (WLTP), wird für die Limousine der nächsten Generation offenbar ein Wert von 13 kWh anvisiert. Das scheint auch notwendig, weil vergleichbare Konkurrenten (Hyundai IONIQ 6, Tesla Model 3, Toyota bZ4X) sich laut ADAC bereits in derartigen Regionen aufhalten - und weiter optimiert werden dürften.

Mercedes hat neues Ass im Ärmel - Stromverbrauch von nur 10 kWh pro 100 km?

Noch ehrgeiziger klingen die Ambitionen von Mercedes: Die noch für 2024 geplante Elektroversion des CLA soll tatsächlich einen Normverbrauch von zehn Kilowattstunden aufweisen, während die Reichweiten zwischen 650 und 850 km liegen. Sollte das gelingen, wäre dies ein beeindruckendes Statement, kommt zum Beispiel der etwas größere Mercedes EQE laut Datenblatt derzeit auf einen Normverbrauch zwischen 16 und 22 kWh auf 100 km.

Interessanterweise spielen bei dem Effizienz-Streben der deutschen Edel-Autobauer Siliziumkarbid-Inverter eine Hauptrolle - während Rivale Tesla die Benutzung dieser Halbleiter aus Kostengründen gerade runterschraubt, so der Bericht. Die SiC-Chips machen zwar die Produktion der Fahrzeuge teurer, jedoch sind sie bei der transportierten Energie effizienter und ermöglichen höhere Reichweiten. Auch im Bereich Innenraum mit Cockpit planen BMW und Mercedes offenbar einen Umbruch. „Weniger ist mehr“, lautet die Devise und bedeutet eine weitere Reduzierung auf Monitore mit Touchscreens und Head-up-Display. Ebenfalls von Bedeutung: die Funktion, „over the Air“-Updates (OTA) durchführen zu können.

Tesla produziert massiv in Brandenburg - BMW und Mercedes unter Zugzwang

Es wird also spannend zu sehen, wenn die „Neue Klasse“ von BMW und die auf einer neuen Plattform (MMA) entstehende Elektro-Familie von Mercedes (angeblich auch mit E-Varianten der Kompakt-Baureihen GLA, GLB sowie der G-Klasse) es mit den modifizierten Stromern von Tesla aufnehmen.

Momentan produziert Tesla alleine in Brandenburg etwa 200.000 Elektroautos pro Jahr, angepeilt sind 500.000. Langfristig soll die Kapazität hier auf eine Million Fahrzeuge steigen. Dieses Volumen setzt deutsche Hersteller unter Druck. Aufgrunddessen wird die elektrische Modellpalette bei BMW auch nach dem Premierenmodell 2025 zügig wachsen, so die Prognose: Bis Ende 2027 sollen sechs E-Modelle auf dem Markt sein. Auf die benannte Elektrolimousine im Kompaktklasse-Format sollen ein SUV sowie ein elektrifizierter Kombi folgen.

Zunächst produziert werden soll die „Neue Klasse“ indes nicht hierzulande, sondern im neuen, hoch modernen BMW-Werk in Ungarn. Weitere Produktionsstandorte (München, Mexiko, USA und China) werden demzufolge ebenfalls umgebaut. (PF)

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