1. tz
  2. Wirtschaft

Überwachung und Kontrolle: Darum geht China gegen das iPhone vor

Kommentare

Eine Kundin wartet vor einem Apple Store in Hongkong.
Eine Kundin wartet vor einem Apple Store in Hongkong. © Sebastian Ng/Imago

Chinas Regierung steuert das Volk weg vom iPhone. Die Konsumenten sollen nach Ansicht der Führung lieber chinesische Marken kaufen.

Am Dienstag stellt Apple in den USA das neue iPhone vor. Doch die Aufmerksamkeit der Aktionäre gilt nicht den Spekulationen über Kamera und Display, sondern dem Chinageschäft. Denn auf Apples größtem Markt arbeitet die Regierung offenbar daran, die Kunden in Richtung einheimischer Produkte zu steuern.

Staatsbeamte dürfen in China künftig keine iPhones mehr als Diensthandys verwenden. So lauten übereinstimmende Berichte von Bloomberg, Wall Street Journal und South China Morning Post. Am Freitag erhielten die Gerüchte dann einen neuen Dreh. Das Apple-Verbot könnte alle Behörden betreffen, auch in den Provinzen, und sogar Staatsbetriebe. Das wäre in der chinesischen Staatswirtschaft ein enorm großer Nutzerkreis. Die Apple-Aktie stürzte ab.

So bekommen Sie den Newsletter von Table.Media

Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem China.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte sie China.Table am 11. September 2023.

Erhalten Sie 30 Tage kostenlos Zugang zu weiteren exklusiven Informationen der Table.Media Professional Briefings – das Entscheidende für die Entscheidenden in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und NGOs.

China und das iPhone: Staatsnutzung hat Signalwirkung

Durch ein solches Vorgehen weckt die Führung Misstrauen gegenüber einem ausländischen Produkt. Die Beamten sind hier Vorbild für den Rest der Bevölkerung. Es hilft in China ohnehin oft, seine eigenen Wünsche an die der Partei anzupassen. Außerdem genießt die Beamtenschaft durchaus Prestige. Ein Beispiel war Audi. Die Verwendung als der bevorzugte Dienstwagen des Staates hat der deutschen Marke seinerzeit einen ungeheuren Schub gegeben.

Es geht aber eben auch umgekehrt. Das Verbot eines Produkts für Beamte dürfte eine Reihe von Denkprozessen auslösen. Mache ich mich künftig verdächtig, wenn ich die US-Marke benutze? Stimmt etwas damit nicht? Bestehe Spionageverdacht?

Peking ist es grundsätzlich lieber, wenn die chinesischen Bürger einheimische Technik verwenden. Überall da, wo chinesische Produkte eine angemessene Alternative bieten, haben die Behörden das Umfeld für den ausländischen Anbieter erschwert. Besonders auffällig ist dieses Muster bei den Internetdiensten. Als Baidu ebenso gute Suchergebnisse lieferte wie Google, stiegen die Zensuranforderungen an den US-Dienst so stark, dass er sich aus dem Markt zurückziehen musste. Das war 2010. Ebenso konnten Facebook oder Youtube in China keinen Fuß fassen. Zuletzt hat LinkedIn seinen chinesischen Dienst eingestellt.

China will bessere Kontrolle

Doch auch in anderen Branchen ist dieses Vorgehen zu beobachten. Hochgeschwindigkeitszüge und moderne Kernreaktoren wurden zunächst von ausländischen Konzernen geliefert. Dann hat China die Technik adaptiert und ist schnell zu selbstgestrickten Modellen übergegangen. Dieses Vorgehen ist völlig legitim – es sollte Industrieakteuren aber bewusst sein, dass sie auf dem Markt weniger als Langfristpartner willkommen sind, sondern nur akzeptiert werden, bis sie entbehrlich sind.

Im Fall von Handys hat der Übergang zu chinesischen Modellen besonderen Sinn. Denn die chinesischen Android-Versionen enthalten Funktionen für das Blockieren von Inhalten schon auf Betriebssystemebene. Es lässt sich vermuten, dass dies auch für Überwachungsfunktionen gilt. Ein solches Vorgehen würde Apple trotz aller Anpassungsfähigkeit kaum mitmachen.

Die Liebe zum iPhone gezielt abkühlen

Beim iPhone hatte die Führung lange Zeit ein Problem. Die Kunden liebten das schicke US-Smartphone. Bis jetzt hat der Besitz eines sündteuren iPhones auch etwas mehr Status vermittelt als ein chinesisches Handy, auch wenn diese technisch natürlich längst gleichwertig sind. Mit dem Verbot für Beamte könnte der Staat nun die Markenwahrnehmung umsteuern.

Steigender Nationalismus spielt da ebenso hinein wie eine streng interessengeleitete Industriepolitik. Xi Jinpings Wirtschaftskonzept Dual Circulation bedeutet eben auch, dass der innere Kreislauf rein chinesisch bleibt. Wobei das iPhone aus Handelsperspektive von Anfang an ein einheimisches Produkt war. Schließlich stellt Foxconn es in China nicht nur für den Weltmarkt, sondern auch für den chinesischen Markt her.

Auch interessant

Kommentare