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Bankenpleite in den USA: Was der Kollaps der Silicon Valley Bank bedeutet

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Start-up-Finanzierer SVB kommt unter staatliche Kontrolle
Die Silicon Valley Bank hat viele Start-ups finanziert. © Jeff Chiu/dpa

Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA sorgt für Unruhe an den Märkten. Erinnerungen an den Beginn der Finanzkrise 2008 kommen hoch. Ein Überblick.

Washington – Über die Start-up-Szene hinaus dürfte die Silicon Valley Bank bislang wenigen Anlegern ein Begriff sein. Die Schieflage des US-Instituts brachte dennoch Unruhe in die Märkte. Erinnerungen an den Beginn der Finanzkrise 2008 werden wach. Doch es gibt auch Unterschiede, so Experten.

Was für Geschäfte macht die Silicon Valley Bank (SVB)?

Das 1983 gegründete Institut finanzierte junge Firmen, der Boom der Start-up-Szene machte die Bank zu einer der größten Banken der USA. Nach Angaben der US-Einlagensicherung FDIC verwaltete die Bank Ende Dezember Vermögenswerte im Volumen von 209 Milliarden Dollar und hatte rund 175,4 Milliarden Dollar an Kundeneinlagen. Mit einer Bilanzsumme von etwa 200 Milliarden Euro sei die SVB so groß wie eine deutsche Landesbank, aber nur ein Zehntel so groß wie die größte US-Bank JP Morgan, ordnete die Süddeutsche Zeitung ein.

Warum ist die Bank in Schieflage geraten?

Die SVB investierte in Zeiten niedriger Zinsen in US-Staatsanleihen sowie in mit Immobilien besicherte Wertpapiere mit langer Laufzeit. Doch dann erhöhte die US-Notenbank Fed im Kampf gegen die hohe Inflation die Zinsen rasant. Viele Wertpapiere, die die SVB in der Niedrigzinsphase erworben hatte, verloren erheblich an Wert. Zugleich war die SVB gezwungen, Anlegern höhere Zinsen zu bieten, damit diese ihre Gelder nicht abziehen.

Mit dem Verkauf von Anleihen machte die SVB jüngst 1,8 Milliarden Dollar Verlust. Der Versuch, über die Ausgabe neuer Aktien frisches Geld bei Investoren einzusammeln, sorgte für weitere Verunsicherung. Allein am Donnerstag brach die SVB-Aktie an der Wall Street um gut 60 Prozent ein.

Wie aktiv ist die Bank in Deutschland?

Seit Ende Mai 2018 hat die SVB eine Niederlassung in Deutschland und betreibt von Frankfurt/Main aus ihr Kreditgeschäft. Am Montag schloss die Finanzaufsicht Bafin die deutsche Niederlassung mit sofortiger Wirkung für den Kundenverkehr und erließ ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot. Zugleich erklärte die Bafin: „Die Notlage der deutschen Niederlassung stellt keine Bedrohung für die Finanzstabilität dar“.

Die britische Tochter wurde unterdessen von der Großbank HSBC übernommen. Die britische Regierung teilte mit, die Transaktion sei von der Bank of England in Absprache mit dem Finanzministerium erleichtert worden. Es seien keine Steuergelder beteiligt und Kundeneinlagen würden geschützt.

Droht eine weltweite Finanzkrise wie 2008?

Experten halten dies eher für unwahrscheinlich. Zwar wecken die Probleme der SVB Erinnerungen an den Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers, der als Auslöser der globalen Finanzkrise vor 15 Jahren galt. Allerdings gebe es wichtige Unterschiede. Beispielsweise sei die SVB bei Weitem nicht so groß wie es Lehman 2008 gewesen sei. Hinzu komme, dass die SVB ein auf Risikokapital und Start-ups in der Technologiebranche spezialisiertes Geldhaus sei, wohingegen die Bedeutung von Lehman für das Finanzsystem wesentlich größer gewesen sei.

Der künftige Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) Moritz Schularick, rät dennoch zu Wachsamkeit angesichts des historischen „Zins-Schocks“. „Spätestens jetzt ist allen klar: Im Finanzsystem entstehen wegen der steigenden Zinsen enorme Verluste, vor allem bei lang laufenden Anleihen und Immobilienkrediten“, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Manche Banken könnten die aussitzen. Brenzlig werde es, wenn Kunden ihr Geld kurzfristig abziehen könnten. Dann könnten die Verluste so hoch sein, dass die Bank zahlungsunfähig werde, wie in Amerika geschehen.

Wie reagieren die Finanzmärkte?

Schon in der vergangenen Woche gaben Kurse von Bankaktien – auch deutscher Institute – deutlich nach. Am Montagvormittag tauchte der Dax zeitweise unter die Marke von 15.000 Punkten. Bei europäischen Aktienbörsen verlief es ähnlich. Der Dollar geriet unter Druck und die Kapitalmarktzinsen gaben nach.

Wie geht es nun mit der US-Leitzinspolitik weiter?

Seit Frühjahr 2022 hat die Fed die Zinsen in den USA um 4,5 Prozentpunkte erhöht. Zudem hat die US-Notenbank am Wochenende ein neues Kreditprogramm aufgelegt, über das sich Banken zu günstigen Konditionen frisches Geld besorgen können. Die Notenbank scheint also zunächst andere Wege gehen zu wollen, als ihren Zinskurs zu ändern.

Auswirkungen auf die nächste Sitzung der Notenbank in gut einer Woche sind dennoch denkbar: So erwartet die US-Bank Goldman Sachs angesichts der Unsicherheit im Bankensektor zunächst eine Zinspause. In den Folgemonaten werde die Fed ihren Straffungskurs aber fortsetzen, schreiben die Analysten.

Wie geht es mit der Bank nun weiter?

In den USA verkündete die Regierung eine Absicherung aller Einlagen bei dem Geldhaus. Es würden alle Einleger vollständig geschützt und könnten auf ihr gesamtes Geld zugreifen. Der Steuerzahler werde keine Verluste im Zusammenhang mit der Abwicklung der Bank tragen müssen, versicherte in einem Statement zuletzt auch US-Präsident Joe Biden. (dpa/df)

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