Flughafen-Chaos: Kein Ende in Sicht

Die Bundesregierung will mit Arbeitern aus der Türkei den Personalmangel an deutschen Flughäfen beheben. Doch diese Maßnahme wird das Flug-Chaos in dieser Urlaubssaison kaum beseitigen können.
Berlin/Frankfurt – Hunderte gestrichene Flüge, lange Wartezeiten – und wenn das Flugzeug dann doch abhebt, fehglen auch noch Speisen und Getränke an Bord: Wer in dieser Urlaubssaison fliegen will, braucht starke Nerven. Der Personalmangel sorgt für Chaos an den Flughäfen und bei den Airlines. Arbeitskräfte fehlen überall: am Check-in-Schalter, bei den Sicherheitskontrollen, an Bord oder bei der Gepäckabfertigung.
Ausländische Fachkräfte sollen Flughafen-Chaos beheben
Die Bundesregierung sagt den akuten Personalengpässe an deutschen Flughäfen jetzt den Kampf an und dazu kurzfristig den Einsatz ausländischer Beschäftigter erleichtern. „Wir ermöglichen, dass die Unternehmen Hilfskräfte aus dem Ausland, vor allem aus der Türkei, einsetzen können“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Mittwoch in Berlin nach abgestimmten Vorschlägen der Regierung.
Doch ob die ausländischen Fachkräfte das Problem so schnell beheben können, ist fraglich. Viele Flughafenmitarbeiter müssen sich aus Sicherheitsgründen einer Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen – die schon mal mehrere Monate dauern kann. Bei Bewerbern aus dem Ausland dürfte sich der Prozess noch länger hinziehen. Eine schnelle Lösung des Personalmangels gestaltet sich eher schwierig.
Flug-Chaos: Lufthansa-Chef räumt Fehler ein und entschuldigt sich
Auch nach Einschätzung von Lufthansa-Chef Carsten Spohr können die Probleme bei Flughäfen und Airlines nicht schnell gelöst werden. Die von Personalmangel, Teileknappheit und eingeschränktem Luftraum geprägte Situation werde sich „kurzfristig kaum verbessern“, sagte der Chef der größten Airline-Gruppe Europas in einem Entschuldigungsschreiben an die Passagiere.
Er stimmte die Kunden auf weitere Schwierigkeiten ein. Zwar plane die Branche allein in Europa mehrere tausend Neueinstellungen. „Dieser Kapazitätsaufbau wird sich allerdings erst im kommenden Winter stabilisierend auswirken können.“
Zugleich entschuldigte sich der Lufthansa-Chef im Namen des Unternehmens dafür, dass nach dem Corona-Einbruch das „Hochfahren des komplexen Luftverkehrssystems von fast Null auf derzeit wieder fast 90 Prozent“ nicht zur angestrebten Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und Robustheit geführt habe. Der Manager räumte eigene Fehler ein und stellte fest, dass auch dem Lufthansa-Konzern in einigen Bereichen Personal fehle.
Experte über Flughafen-Chaos: „Das war eine klassische Fehlplanung“
Tatsächlich tragen die Airlines und Flughafenbetreiber wie auch die Urlauber nun die Konsequenzen aus dem übertriebenen Personalabbau während der Pandemie. „Viele Unternehmen haben die Coronazeit genutzt, um altgediente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter loszuwerden und sich zu sanieren – im Kalkül, danach günstigere Arbeitskräfte wieder einzustellen“, sagt der Luftfahrtexperte Gerald Wissel, Chef des Hamburger Beratungshauses Airborne Consulting, gegenüber dem Spiegel. Doch diese Rechnung ist bei den Jobs am Flughafen mit mäßiger Bezahlung und unattraktiven Arbeitsbedingungen nicht aufgegangen.
Dazu ist der Andrang diesen Sommer größer als gedacht. „Die Airlines und Airports haben damit gerechnet, dass sie frühestens 2024 oder 2025 wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen“, sagt Wissel dem Magazin. „Das war eine klassische Fehlplanung.“ (lma/dpa/AFP)