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Industriepreis bis Frühjahr 2024: Habeck will Milliarden-Subvention einführen

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Robert Habeck
Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, spricht über die Bedeutung und Ausgestaltung eines Industriestrompreises für energieintensive Unternehmen. © Kay Nietfeld/dpa

Wirtschaftsminister Habeck hofft, nächstes Jahr den umstrittenen Industriestrompreis einführen zu können. Ein Konzept hatte der Minister bereits vorgestellt – doch die FDP sträubt sich.

Berlin – Der Strom in Deutschland ist teuer – und die heimische Industrie fordert ihren eigenen Strompreisdeckel, um international wettbewerbsfähig blieben zu können. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) möchte deshalb einen Industriestrompreis bis zum kommenden Frühjahr einführen. Dann liefen die bisherigen Strompreisbremsen aus. „Und meiner Ansicht nach ist spätestens dann der Moment, wo man einsteigen sollte, so ein Konzept umzusetzen“, sagte Habeck in Berlin.

Habeck: Industriestrompreis kostet sechs Milliarden Euro

Ein Konzept hatte der Minister bereits Anfang Mai vorgestellt. Langfristig ist demnach ein „Transformationsstrompreis“ geplant. Die Industrie soll von günstigem Strom aus erneuerbaren Energien profitieren. Maßnahmen dazu brauchten aber Zeit, hieß es in dem entsprechenden Papier. Deswegen soll es in einer Zwischenphase bis 2030 einen „Brückenstrompreis“ geben von 6 Cent pro Kilowattstunde für einen „klar definierten“ Empfängerkreis, der aus öffentlichen Mitteln finanziert werden müsse.

Das Geld soll aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds kommen. Habeck sagte, er rechne mit jährlichen Kosten von durchschnittlich vier Milliarden Euro, die im Laufe der Zeit sinken würden. Am Anfang seien es vielleicht sechs Milliarden Euro, später dann zwei Milliarden.

Industriestrompreis: Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertreter dafür

Habeck tauschte sich mit Wirtschafts-, Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern über das Thema aus. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, betonte mit Blick auf den „Brückenstrompreis“, es brauche auch Klarheit darüber, „wie das Ufer aussieht, zu dem wir jetzt Brücken bauen müssen“.

Der schnellere Ausbau erneuerbarer Energien und von Speichern sei unabdingbar, aber auch der Bau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken in erheblicher Kapazität. Es brauche zudem noch kurzfristige Maßnahmen. „Unternehmen aller Größenordnungen vom Mittelständler bis zum Großkonzern, die durch exorbitant hohe Strompreise in ihrer Wettbewerbs- und Existenzfähigkeit bedroht sind, die brauchen jetzt Entlastung.“

Der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, bezeichnete die Konzentration auf die energieintensive Industrie als richtig. Er warnte vor dem Wegfall ganzer Industrien. Ohne die europäische Stahlindustrie sei die Innovationskraft der Autoindustrie nicht gegeben, beim Maschinenbau sei es ähnlich. „Öffentliche Investitionen verlangen auch Garantien für die Beschäftigten auf gute Arbeit.“ Das bedeute tarifgebundene Arbeit an den bisherigen Standorten.

Lindner: verbilligter Industriestrompreis „ökonomisch unklug“

Politisch lehnt insbesondere die Ampel-Partei FDP die Pläne zum Industriestrompreis bislang ab. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte einen verbilligten Industriestrompreis bereits vor einigen Wochen als „ökonomisch unklug“ und zu teuer abgelehnt. Aus der FDP-Bundestagsfraktion äußerten sich nun mehrere Abgeordnete ähnlich. Die dritte Ampel-Partei, die SPD von Kanzler Olaf Scholz, gilt hingegen als Befürworter des Industriestrompreises.

Ökonomen kritisierten das Prinzip eines subventionierten Industriestrompreises grundsätzlich als falsch. „Er ist teuer und unfair gegenüber nicht privilegierten Unternehmen und Haushalten, die alle hohe Strompreise zahlen müssen“, sagte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Wir sollten in die Stärkung unserer Standortvorteile investieren, anstatt zu versuchen, auf diese Art Standortnachteile abzufedern“, sagte zudem die Wirtschaftsweise Veronika Grimm der Augsburger Allgemeinen. „In vielen zukunftsweisenden Industrien sind die Energiepreise nicht der entscheidende Standortvorteil.“

Ein US-Magazin urteilt hart über Deutschlands wirtschaftlichen Abstieg - „immer ein externer Suggar-Daddy“. (lma/dpa)

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