IG Metall will Vier-Tage-Woche durchsetzen - bei vollem Lohnausgleich

Bei der Arbeitszeit gilt die IG Metall als Vorreiter. In den kommenden Tarifverhandlungen will die Gewerkschaft erneut ein Ausrufe-Zeichen setzen.
München - Die IG Metall will für Mitarbeitende in der Stahlindustrie die Vier-Tage-Woche durchsetzen - bei vollem Lohnausgleich. Dies werde eine zentrale Forderung der Gewerkschaft in der kommenden Tarifrunde sein, sagte Knut Giesler, Chef der IG-Metall in NRW, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) vom Mittwoch.
Giesler ist Verhandlungsführer in der nordwestdeutschen Stahlindustrie (NRW, Niedersachsen, Hessen und Bremen), die in aller Regel den Pilotabschluss für die gesamte Branche erzielt.
Zwar beginnen die Verhandlungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erst im November. Man wolle aber nach einer breitest-möglichen Beteiligung und Befragung der Beschäftigten noch vor den Sommerferien das Thema Vier-Tage-Woche innerhalb seiner Gewerkschaft festzurren, erklärte Giesler. Davon unabhängig werde es auch eine Lohnforderung geben, die erst kurz vor Verhandlungsbeginn aufgestellt werde.
Vier-Tage-Woche: IG Metall hofft auf „echte Entlastung“
„Wir wollen eine echte Entlastung für die Beschäftigten erreichen, ohne dass sie deshalb weniger verdienen“, sagte Giesler der Zeitung. Für die Lebensqualität und die Gesundheit wäre das ein großer Fortschritt. Die bisherigen Rückmeldungen aus den Stahlbelegschaften dazu seien ausgesprochen positiv. Gleichzeitig würde die Vier-Tage-Woche die Stahlindustrie attraktiver für junge Menschen machen, die beim Umbau der kohlebasierten Schwerindustrie hin zu grünem Stahl in den kommenden Jahren dringend benötigt werden, meint Giesler: „Wir brauchen dafür junge, intelligente Leute - und um die konkurrieren wir mit vielen anderen Branchen.“ Zugleich sei die Vier-Tage-Woche auch eine Möglichkeit, die im Zuge des grünen Umbaus der Stahlindustrie zu erwartenden Arbeitsplatzverluste zu verhindern.
Konkret schwebt Giesler für die Einführung der Vier-Tage-Woche in der Stahlindustrie die Senkung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 32 Stunden vor, bei vollem Lohnausgleich.
IG Metall: Gewerkschaft erwartet „längere Einschleichzeiten“
Allerdings geht die IG Metall davon aus, dass diese Reduzierung eine längere Zeit, womöglich mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird - auch, um die Arbeitgeber bei der Umstellung der Dienst- und Schichtpläne nicht zu überfordern. „Wir brauchen hier längere Einschleichzeiten“, sagte Giesler.
Erst vor wenigen Monaten war eine Studie bei Unternehmen in mehreren anglo-amerikanischen Ländern zur Einführung der Vier-Tage-Woche zu überraschenden Ergebnissen gekommen. Danach seien Produktivität und Umsätze der Beschäftigten bei Unternehmen in den USA, Kanada oder Großbritannien gestiegen, heißt es in dem Papier der Non-Profit-Initiative 4 Day Week Global. Arbeitgeber sehen den Vorstoß zur Vier-Tage-Woche hingegen skeptisch und fordern stattdessen Lockerungen im Arbeitszeitrecht.