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Neue Chip-Fabriken: Bitkom-Chef fordert Fachkräfte-Offensive und staatliche Förderung: „Wer A sagt …“

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Ralf Wintergerst: Vor dem geplanten Start der neuen Halbleiter-Werke in Ostdeutschland hofft des Präsident des Branchenverbands Bitkom auf staatliche Unterstützung.
Ralf Wintergerst: Angesichts des geplanten Baus neuer, Milliarden-schwerer Halbleiter-Fabriken fordert der Präsident des Digitalverbands Bitkom eine staatliche Fachkräfte-Offensive. © Imago/Jürgen Heinrich

In Ostdeutschland wollen Intel, TSMC und Infineon Milliarden in neue Chip-Fabriken investieren. Doch in der Branche wachsen die Sorgen, dass die nötigen Fachkräfte fehlen könnten, um sie zu betreiben.

München – Der Präsident des Branchenverbands Bitkom, Ralf Wintergerst, hat angesichts des geplanten Baus neuer Halbleiter-Fabriken in Dresden und Magdeburg eine umfassende Fachkräfte-Offensive angemahnt. „Wenn wir die neuen Chip-Fabriken mit Milliardenbeträgen aus Steuergeldern fördern, dann brauchen wir auch finanzielle Mittel für die Ausbildung von Fachkräften, die dort arbeiten sollen, ganz gleich, ob vom Bund oder von den Ländern“, sagte Wintergerst gegenüber IPPEN.MEDIA. „Wer A sagt, muss auch B sagen.“

Zuletzt gab es laut Bitkom in Deutschland insgesamt 137.000 offene Stellen für IT-Fachkräfte. Dieses Problem werde sich „in den kommenden Jahren noch verschärfen, wenn nicht konsequent gegensteuert wird – und hier ist die Politik gefragt“, sagte Wintergerst, im Hauptberuf Chef des traditionsreichen Münchner Banknotendruckers und Chipkarten-Konzerns Giesecke+Devrient (G+D).

Außerdem bräuchten die Universitäten Zugang zu Tools und Software für das Chip-Design, wie sie in der Halbleiter-Industrie eingesetzt würden. Hier könnten der Staat, aber auch die Unternehmen beim Kauf von Lizenzen unterstützen, erklärte der neue Bitkom-Chef.

Neue Chip-Werke: Tausende neue Arbeitsplätze

Der US-Konzern Intel hatte im Frühjahr den Bau einer Chip-Fabrik in Magdeburg angekündigt. Zudem will der taiwanesische Halbleiter-Hersteller TSMC ein neues Werk in Dresden bauen. Auch Infineon plant ein neues Werk in der sächsischen Landeshauptstadt. Insgesamt sollen dabei rund 6000 neue Arbeitsplätze sowie tausende, weitere Stellen bei Zulieferern entstehen. Die Bundesregierung will alleine die Ansiedlung der drei Fabriken mit insgesamt gut 16 Milliarden Euro fördern. Unter Ökonomen sind die Milliarden-Subventionen umstritten.

Wintergerst appellierte eindringlich an die EU-Kommission, die geplanten Förderungen zu genehmigen. Es sei „von immenser Bedeutung“, dass die neuen Standorte ihren Betrieb wie geplant aufnehmen könnten. Die neuen Werke trügen dazu bei, die hohe Abhängigkeit von Halbleiter-Importen zu verringern. 90 Prozent der Industrieunternehmen in Deutschland seien auf Halbleiter angewiesen, für 80 Prozent seien sie „sogar unverzichtbar“.

Bitkom-Chef: Umständliche Verwaltung „konterkariert“ Zuwanderung

Zugleich forderte der Bitkom-Präsident die Bundesregierung auf, die Zuwanderung für qualifizierte Fachkräfte weiter zu erleichtern. Noch seien die Verwaltungsprozesse „so umständlich, dass sie den politischen Willen, Top-Leute nach Deutschland zu holen, faktisch konterkarieren“. IT-Spezialistinnen und -Spezialisten könnten sich ihre Jobs weltweit aussuchen. „Daher müssen wir Deutschland für solche Menschen richtig attraktiv machen“.

Zudem müssten mehr junge Menschen an Schulen und Hochschulen für die Digitalwirtschaft und Mikroelektronik begeistert werden. Dies gelte insbesondere für Mädchen und junge Frauen. Zur Sicherung des Nachwuchses in der Halbleiter-Branche forderte Wintergerst außerdem die Errichtung von Ausbildungszentren sowie Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen auf Deutsch und Englisch und die engere Einbindung der Halbleiter-Industrie vor Ort.

USA: TSMC verschiebt Produktionsanlauf wegen Fachkräftemangel

Erst Ende Juli hatte TSMC die geplante Eröffnung eines Milliarden-schweren Halbleiter-Werks im US-Bundesstaat Arizona um gut ein Jahr auf 2025 verschoben. Zur Begründung hatte Konzernchef Mark Liu auf Personalengpässe verwiesen. Es gebe nicht „nicht genügend qualifizierte Arbeitskräfte, die über das für die Installation von Anlagen in einer Halbleiterfabrik erforderliche Fachwissen verfügten“, sagte Liu in einer Telefonkonferenz mit Analysten.

Die Aussagen hatten in der Branche die Sorgen geschürt, dass es auch beim Bau der neuen Halbleiter-Werk in Magdeburg und Dresden bei der Personal-Suche eng werden könnte. Aus Branchenkreisen heißt es, TSMC plane Mitarbeiter für sein neues Werk in Dresden in Taiwan zu schulen. Außerdem arbeiten die Landesregierungen in Sachsen und Sachsen-Anhalt offenbar mit Hochdruck an Projekten, um die Unternehmen bei der Suche nach qualifiziertem Personal zu unterstützen. (utz)

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