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Einschneidende Änderung beim Bürgergeld: Rechnungshof tadelt Heil

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Arbeitsminister Heil plant, die Zuständigkeit für junge Bürgergeld-Beziehende zu verlagern. Damit kann er zwar augenscheinlich Einsparungen vorweisen – doch der Bundesrechnungshof hält davon nichts.

Berlin – Die mehr als fünf Millionen Bürgergeld-Empfänger sollen zum 1. Januar 2024 im Schnitt rund 12 Prozent mehr Geld bekommen. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch in Berlin eine entsprechende Verordnung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) beschlossen. Dabei geht fast unter, dass Heil zuletzt wegen einer Kostenverlagerung für den Etat für 2024 unter Beschuss kam. Auch der Rechnungshof äußert in einem internen Bericht heftige Kritik.

Heil kann mit Kostenverlagerung jährlich 900 Millionen Euro einsparen

Um Finanzminister Christian Lindners (FDP) Sparprogramm zu entsprechen, aber trotzdem keine starken Einsparungen vornehmen zu müssen, hat Heil nämlich für den Etat für 2024 stark bei den Behörden herumgeschraubt. Dabei kam es zu einer Umstrukturierung, nach der die Betreuung der unter 25-jährigen Bürgergeld-Beziehenden nicht mehr von den Jobcentern, sondern von den Arbeitsagenturen übernommen wird.

Hubertus Heil
Arbeitsminister Heil plant, die Zuständigkeit für junge Bürgergeld-Beziehende zu verlagern. (Archivbild) © Julian Weber/dpa

Damit will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in seinem Sozialetat jährlich 900 Millionen Euro einsparen. Denn so gehen die Kosten nicht mehr zulasten des Etats des Arbeitsministeriums, sondern würden aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung bezahlt. 

Bundesrechnungshof besorgt, dass Unterstützung für Jugendliche schlechter wird

Dem Bundesrechnungshof stößt das Vorgehen allerdings sauer auf: In einem Prüfbericht, der der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vorliegt, warnt er, dass dadurch die Unterstützung für die Jugendlichen schlechter zu werden drohe. Zudem handele es sich bei der Kostenverlagerung auf die Beitragskasse auch um keine echte Einsparung.

Das Arbeitsministerium „hat weder die finanziellen, fachlichen und organisatorischen Auswirkungen durchdacht noch die entstehenden Risiken und Chancen identifiziert“, warnt der Rech­nungshof in seinem Bericht, der Anfang September intern verschickt wurde. Es fehle an einer „planvollen Vorbereitung“ zitiert die FAZ daraus.

Jobcenter kritisieren Heils Pläne scharf

700.000 junge Menschen, die Bürgergeld beziehen, wären von diesem Vorhaben ab 2025 betroffen. Schon zuvor schlug unter anderem das Bundesnetzwerk Jobcenter Alarm. In einem Brief an Heil äußerten die Fachleute laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (SZ) die Befürchtung, dass durch die Umstrukturierungen Nachteile für junge Arbeitssuchende entstehen.

Der Plan stelle „einen radikalen Systemwechsel dar und wird weitreichende gesellschaftliche, organisatorische und personelle Folgen haben“, heißt es laut SZ in der Stellungnahme. Die Menschen aus dem bisherigen Modell herauszunehmen „durchbricht die absolut sinnvolle ganzheitliche Betreuung der Bedarfsgemeinschaften und der Familien durch die Jobcenter vor Ort“, kritisiert das Bundesnetzwerk weiter.

„Wir können dann nicht mehr die ganze Familie betreuen, obwohl wir die Verhältnisse von Eltern und Kindern in der Regel kennen“, zitierte die Zeitung den Sprecher des Netzwerks, Stefan Graaf. „Es wird hier etwas ohne Not auseinandergerissen und auf zwei Behörden verteilt.“

Auch bei der Union stößt das Vorhaben Heils auf heftige Kritik. Im Bundestag sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher Stephan Stracke (CSU) laut FAZ: „Die Pläne der Bundesregierung sind ein Stück aus dem Tollhaus.“ Es gebe „mehr Bürokratie bei gleichzeitig schlechterer Betreuung und Vermittlung der jungen Menschen.“

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