Könnten außerirdische Zivilisationen die Erde anhand von Mobilfunk-Signalen finden?

Die Menschheit schickt seit etwa hundert Jahren Radiosignale ins Weltall hinaus, zuletzt vermehrt durch Mobilfunk. Doch könnten fremde Zivilisationen uns so entdecken?
Manchester – Seit etwa hundert Jahren macht sich die menschliche Zivilisation im Weltall durch Radiowellen bemerkbar – Radio- und Fernsehsender sowie Funk künden seitdem von unserer Existenz. Doch was bedeutet das überhaupt? Ist die Erde durch die Signale, die von ihr ausgehen, für außerirdische Zivilisationen auffindbar? Ein Forschungsteam von der Universität Manchester hat sich mit dieser Frage beschäftigt.
Mike Garrett, Direktor des Jodrell Bank Centre for Astrophysics an der Universität Manchester, hat von seinen Kolleginnen und Kollegen immer wieder gehört, dass die Erde in den vergangenen Jahren „zunehmend funkstill“ geworden sei. „Eine Behauptung, die ich immer bestritten habe“, erklärt er in einer Mitteilung. Tatsächlich gebe es zwar weniger leistungsstarke Radio- und Fernsehsender, doch „die Verbreitung von Mobilkommunikationssystemen in der ganzen Welt ist gewaltig“, so Garrett. „Während jedes System für sich eine relativ geringe Funkleistung aufweist, ist das integrierte Spektrum von Milliarden dieser Geräte beträchtlich.“
Menschliches Funkverhalten könnte Erde für Aliens auffindbar machen
Mit diesem Aspekt des menschlichen Funkverhaltens beschäftigt sich die Studie von Garrett und seinem Forschungsteam. Um herauszufinden, wie stark das Signal ist, das von der Erde ausgeht, und ob es von möglichen außerirdischen Zivilisationen abgehört werden kann, entwickelte die Forschungsgruppe ein Computermodell, das auf der Nutzung von Mobiltelefonen weltweit basiert. Zudem wurde die Erde in verschiedene Regionen aufgeteilt, die die unterschiedliche Verbreitung von Mobiltelefonen und Mobilfunktürmen repräsentieren.
Für die weitere Analyse wählte das Team drei Sterne aus: Barnards Stern, Alpha Centauri A und HD 95735 befinden sich in unterschiedlichen Richtungen jeweils etwa zehn Lichtjahre von der Erde entfernt. Die Forschungsgruppe geht für ihre Analyse davon aus, dass auf einem Planeten um jeden dieser Sterne ein Teleskop existiert, das vergleichbar mit dem Green-Bank-Observatorium in den USA ist. Das Teleskop ist das größte voll bewegliche Radioteleskop der Welt.
Die Erde ist bereits anomal hell im Radioteil des Spektrums; wenn sich der Trend fortsetzt, könnten wir von jeder fortgeschrittenen Zivilisation mit der richtigen Technologie leicht entdeckt werden.
Planeten in zehn Lichtjahren Entfernung können Mobilfunk der Erde nicht wahrnehmen
Doch selbst mit einem solchen Teleskop wäre es Zivilisationen in zehn Lichtjahren Entfernung derzeit nicht möglich, die Mobilfunksignale von der Erde wahrzunehmen. Noch nicht, muss man wohl sagen: „Aktuellen Schätzungen zufolge werden wir bis zum Ende des Jahrzehnts mehr als hunderttausend Satelliten in einer niedrigen Erdumlaufbahn und darüber hinaus haben“, erklärt Garrett. „Die Erde ist bereits anomal hell im Radioteil des Spektrums; wenn sich der Trend fortsetzt, könnten wir von jeder fortgeschrittenen Zivilisation mit der richtigen Technologie leicht entdeckt werden.“
Auch Teleskope der nächsten Generation, wie das in der Entwicklung befindliche Square Kilometer Array (SKA) in Südafrika, könnten das derzeitige Funkleck der Erde ebenfalls noch nicht wahrnehmen, heißt es in der Studie. Doch das könnte sich ändern: „Mobilfunksysteme stecken jedoch noch in den Kinderschuhen und die künftige Entwicklung dieser Technologie deutet darauf hin, dass diese Komponente der Leckstrahlung der Erde im Laufe der Zeit weiter an Stärke gewinnen wird“, schreibt das Forschungsteam weiter. Derzeit betrage die Spitzenleistung, die von Mobilfunktürmen in den Weltraum entweicht, etwa 4GW. Dieser Spitzenwert stehe im Zusammenhang mit der LTE-Technologie, die von der Ostküste China ausgehe und den Stern HD 95735 erreiche, so die Forschungsgruppe.
Studie soll noch erweitert werden
Die Studie wurde im Fachjournal Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht. Das Forschungsteam um Garrett beschreibt darin auch, wie außerirdische Zivilisationen mithilfe des irdischen Mobilfunks eine grobe Kartierung der Erde vornehmen könnten. „Ein außerirdischer Beobachter wäre in der Lage, verschiedene Details über die Beschaffenheit unseres Planeten und die Verteilung der Technologie auf seiner Oberfläche zu erkennen“, heißt es in der Studie. Und auch eine grobe Kartierung der Erde wäre möglich - schließlich sind die Mobilfunkgeräte auf der Erde nicht gleichmäßig verteilt, genauso wenig wie die Landflächen oder die Menschen.
„Jeden Tag erfahren wir durch Weltraummissionen wie ‚Kepler‘ und ‚Tess‘ mehr über die Eigenschaften von Exoplaenten und das ‚James Webb‘-Weltraumteleskop liefert weitere Erkenntnisse“, erklärt Co-Autor Nalini Heeralall-Issur. „Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass es dort draußen fortgeschrittene Zivilisationen gibt, von denen einige in der Lage sein könnte, die von Menschen verursachten Radiolecks zu beobachten, die von der Erde ausgehen.“ Die Studie soll noch erweitert werden und künftig auch die leistungsstärkeren 5G-Systeme, Radaranlagen sowie Satelliten-Konstellationen wie „Starlink“ oder „OneWeb“ berücksichtigen. (tab)