Sterbender Stern verschlingt einen Planeten – „Wir sehen die Zukunft der Erde“
Erstmals gelingt es einem Forschungsteam zu beobachten, wie ein Planet von seinem sterbenden Stern verschlungen wird – ein Schicksal, das auch die Erde erwartet.
Boston – Sterne wie die Sonne lassen in ihrem heißen Kern Wasserstoff zu Helium verschmelzen – bis der Wasserstoff zur Neige geht. Dann beginnt der Stern, Helium zu Kohlenstoff zu fusionieren und bläht sich dabei zu einem roten Riesenstern auf. Auf das 100- bis 1000-fache seiner ursprünglichen Größe kann sich ein Stern aufblähen – eine schlechte Nachricht für die Planeten, die den Stern umkreisen: Sind sie zu nah, können sie bei diesem Prozess von ihrem Stern verschlungen werden.
Die Forschung geht davon aus, dass alleine in der Milchstraße jedes Jahr ein paar Planeten von ihrem Stern auf diese Art ausgelöscht werden. Bisher konnten Planeten beobachtet werden, die ihrem Stern gefährlich nahe kamen und Sterne, die aufgebläht waren und ihre Planeten verschluckt haben mussten. „Was wir nicht konnten, war den Stern auf frischer Tat zu ertappen, wenn einen Planeten dieses Schicksal in Echtzeit ereilte“ erklärt Kishalay De vom Masachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston. De ist Hauptautor einer neuen Studie, die erstmals vom Verschlingen eines Planeten durch einen Stern berichtet. Publiziert wurde sie im Fachjournal Nature. „Wir haben die Endstufe des Verschluckens gesehen“, erklärt der Forscher.

Sterbender Stern wird innerhalb einer Woche tausend Mal heller
Doch lange Zeit war den beteiligten Forscherinnen und Forschern überhaupt nicht klar, was sie gesehen hatten. De machte in Daten des Teleskops Zwicky Transient Facility (ZTF) die Entdeckung, die zu der Studie führen sollte: „Eines Nachts bemerkte ich einen Stern, der im Laufe einer Woche um den Faktor 100 heller wurde, und zwar aus dem Nichts“, erinnert er sich in einer Mitteilung seiner Universität. „Es war anders als jeder stellare Ausbruch, den ich bisher gesehen hatte.“
Daten des Keck-Teleskops auf Hawaii zeigte, dass der Stern weder Wasserstoff noch Helium abgab – für den Forscher eine unerwartete Entdeckung. Stattdessen sah De Anzeichen für Moleküle, die nur bei sehr niedrigen Temperaturen existieren können. „Diese Moleküle kann man nur bei Sternen sehen, die sehr kalt sind. Und wenn ein Stern heller wird, wird er in der Regel heißer. Niedrige Temperaturen und heller werdende Sterne passen nicht zusammen“, erläutert De seinen mysteriösen Fund.
Überraschende Entdeckung: Sterbender Stern verschlingt seinen Planeten
Eine Beobachtung im Infrarot-Bereich half dem Forschungsteam um De auf die Sprünge, denn im infraroten Bereich konnten die Forscherinnen und Forscher etwas entdecken, das De „vom Stuhl fallen ließ“, wie er selbst erzählt. „Die Quelle war im Infraroten unglaublich hell“, erinnert sich der Wissenschaftler. Offenbar schleuderte der Stern kaltes Material ins Weltall. Das Forschungsteam vermutete, dass der Stern möglicherweise mit einem anderen Stern verschmilzt – doch dazu war es zu wenig Material, das der Stern ins Weltall entließ.
„Was auch immer mit dem Stern verschmolz, musste 1000 Mal kleiner sein als jeder Stern, den wir bisher gesehen haben“, erklärt De die Erkenntnis seines Teams. „Und durch einen glücklichen Zufall ist die Masse von Jupiter genau ein Hunderttausendstel der Sonnenmasse. Da verstanden wir: Das war ein Planet, der in seinen Stern stürzte.“
Puzzle gelöst: Sterbender Stern bläht sich auf und verschlingt Planeten
Nach dieser Erkenntnis konnte die Forschungsgruppe das Puzzle zusammensetzen: Der helle Blitz, der die Aufmerksamkeit von De auf sich gezogen hatte, war der finale Moment, in dem ein Jupiter-großer Planet in einen aufgeblähten, sterbenden Stern gestürzt ist. Anschließend wurden die äußeren Schichten des Sterns weggesprengt und setzten sich im Laufe des Jahres als kalter Staub ab.

Die Wissenschaft ist sich sicher, dass auch die Planeten Merkur, Venus und Erde eines Tages ein ähnliches Schicksal ereilen wird. „Wir sehen die Zukunft der Erde“, betont De. „Wenn eine andere Zivilisation uns aus 10.000 Lichtjahren Entfernung beobachten würde, während die Sonne die Erde verschlingt, würde sie sehen, wie die Sonne plötzlich heller wird, wenn sie etwas Material ausstößt, dann Staub um sich herum bildet, bevor sie wieder zu dem wird, was sie war“, so der Forscher.
Gute Nachricht: Sonne bläht sich erst in fünf Milliarden Jahren auf
Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Bis zu diesem dramatischen Ende der Erde bleibt noch viel Zeit. Die Kernfusion der Sonne soll erst in etwa fünf Milliarden Jahren beendet sein – dann wird die Sonne sich aufblähen und die inneren Planeten des Sonnensystems verschlingen – die Erde eingeschlossen. (tab)